Titel: Die Berechnung des Arbeitsverbrauches der Griesmühlen (Rohrmühlen) bei Trockenmahlung.
Autor: H. Dreyer
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 609
Download: XML
Die Berechnung des Arbeitsverbrauches der Griesmühlen (Rohrmühlen) bei Trockenmahlung. Von Dr.-Ing. H. Dreyer-Magdeburg. (Fortsetzung von S. 596 d. Bd.) Die Berechnung des Arbeitsverbrauches der Griesmühlen (Rohrmühlen) bei Trockenmahlung. Die Kugeln an der Trommelwandung haben bei gleicher Größe alle ziemlich den gleichen Abstand vom Mittelpunkt, deshalb muß ihre Wurfbahn in dem gleichen Punkte beginnen, die obere Schicht der niederfallenden Kugeln wird also fast unveränderlich sein. Anders steht es mit den folgenden Schichten, Ihr Abstand vom Mittelpunkt ist beim Aufsteigen nicht so genau durch eine glatte runde Wand festgelegt, vielmehr liegen die Kugeln auf oder zwischen den Kugeln der nächst äußeren Schicht. So können sich schon aus diesem Grunde die Wurfbahnen der weiter nach innen gelegenen Kugeln nicht ganz rein zu Schichten gestalten. Bedenkt man weiter, daß in einer Mühle zu gleicher Zeit größere und kleinere Kugeln kreisen, so wird es erst recht verständlich, daß sich überall zwischen der äußeren und inneren Begrenzungsfläche Wurfbahnen von Kugeln und Mahlgut befinden. Ersetzt man nun Kugeln und Mahlgut durch die gleiche Masse unendlich vieler unendlich kleiner Teilchen, die gleichmäßig verteilt sind in dem festen, an der Trommelwandung aufsteigenden Strome, im übrigen aber den Fallgesetzen folgen, so ist das auf den Arbeitsverbrauch ohne jeden Einfluß, gestattet jedoch nunmehr eine rechnerische Behandlung. Den folgenden Betrachtungen ist deshalb diese Annahme zu Grunde gelegt. Textabbildung Bd. 323, S. 609 Fig. 21. Fig. 21 stelle eine beliebige Griesmühle im Schnitt in der Ruhelage dar. Der lichte Durchmesser sei D, und die lichte Länge der Trommel L. Der Inhalt an Mahlgut und Kugeln füllt nur einen Teil der Trommel. Im Ruhezustande sei das Füllungsverhältnis f. Der Querschnitt der Füllung wird dann sein: \frac{f\,\cdot\,D^2\,\cdot\,\pi}{4} und bei dem durchschnittlichen spezifischen Gewicht s ist das Gewicht Q der Füllung dann: Q=\frac{f\,\cdot\,D^2\,\cdot\,\pi\,\cdot\,L\,\cdot\,s}{4}. . . . . 6) Fig. 22 zeigt dieselbe Mühle in normalem Betriebe bei n Umdrehungen i. d. Minute. Die Füllung steigt links mit der Trommelwand hinauf und fällt dann frei hinab. Beispielsweise wird das unendlich kleine Teilchen a von A nach B, dem Beginn der Wurfbahn einen Kreisbogen um die Trommelmitte O mit AO = BO = ρ als Halbmesser beschreiben. Textabbildung Bd. 323, S. 609 Fig. 22. Von B aus wird das Teilchen a in freier Wurfbahn nach dem Anfangspunkt A zurückfliegen. Der Halbmesser nach dem Ausgangspunkt der Wurfbahn BO ist um den Winkel α gegen die Wagerechte, vρ um den gleichen Winkel α gegen die Senkrechte geneigt. Von der Wurfbahn sind Anfangspunkt, Richtung und Größe der Anfangsgeschwindigkeit bekannt, dadurch ist aber die ganze Bahn bestimmt. Als Ausgangspunkt der ganzen Bewegung A ist der Punkt angenommen, in dem die Wurfparabel den Kreis um O mit ρ als Halbmesser wieder trifft, infolgedessen muß der Höhenunterschied zwischen A und B auszurechnen sein. Für diese Rechnung will ich als rechtwinkliges Achsenkreuz die senkrechte Y-Achse und die wagerechte X-Achse durch B, den Ausgangspunkt der Wurfparabel annehmen und zunächst die Gleichungen für die beiden Bewegungsarten, für den Kreis um O mit ρ als Halbmesser und für die Parabel von B aus aufstellen. Der Halbmesser BO schließt mit der X-Achse den Winkel α ein, deshalb sind die Koordinaten des Kreismittelpunktes O: X0 = + ρ . cos α, Y0 = – ρ . sin α. Daraus folgt die Kreisgleichung in Bezug auf das Achsenkreuz durch B: (X – X0)2 + (Y – Y0)2 = ρ2 oder X2 – 2 . ρ . X . cos α + Y2 + 2 . ρ . Y . sin α = 0 7) Die Gleichung der Wurfparabel ergibt sich aus Größe und Richtung der Anfangsgeschwindigkeit v. Diese ist gegen die Senkrechte um den Winkel α geneigt, deshalb ist ihre Wagerechte nach rechts gerichtete Komponente vρ . sin α die lotrecht nach oben gerichtete vρ . cos α. Bezeichnet t die Zeit, die vom Beginn der freien Flugbahn in B verstrichen ist, so sind die Koordinaten der einzelnen Punkte der freien Flugbahn X = + vρ . sin α . t. . . . . . . 8) Y=+v_\varrho\,\cdot\,\cos\,\alpha\,\cdot\,t-\frac{g}{2}\,\cdot\,t^2. . . 9) wobei g die Beschleunigung durch die Erde darstellt. Damit sind Kreis- und Parabelgleichung bekannt. Der Punkt A gehört wie B beiden Kurven an, infolgedessen müssen die Koordinaten dieser Punkte den Gleichungen beider Kurven entsprechen, d.h. Lösungswerte dieser Gleichungen sein. Im allgemeinen kann eine Parabel einen Kreis in vier Punkten schneiden und deshalb können sich vier verschiedene Lösungswerte ergeben. In dem Punkte B geht die Kreisbahn in die Parabel über. Die Normalbeschleunigung der Parabel in B ist b_n=g\,\cdot\,\sin\,\alpha=\frac{{v_\varrho}^2}{\varrho}, mithin ihr Krümmungshalbmesser in B \varrho=\frac{{v_\varrho}^2}{g\,\cdot\,\sin\,\alpha}. . . . . 10) Genau den gleichen Wert hat nach Gleichung 1 S. 595 der Halbmesser der Kreisbahn. Da somit Parabel und Kreis in B gleichen Krümmungshalbmesser und Krümmungsmittelpunkt haben, so müssen drei von den unter Umständen möglichen vier Schnittpunkten in B zusammenfallen. Da B der Koordinatenanfangspunkt ist, so werden also drei von den vier verschiedenen Lösungswerten von X und Y gleich O sein, die vierten Lösungswerte ergeben dann die Koordinaten von A, wobei der absolute Wert von Y bereits den gesuchten Höhenunterschied hρ ergibt, um den das unendlich kleine Teilchen α in Verbindung mit der Trommel gehoben wird. Zunächst sollen deshalb diese Lösungswerte gesucht werden: Durch Einsetzen der Werte von X und Y aus den Gleichungen 8 und 9 in Gleichung 7 und unter Berücksichtigung von Gleichung 1 ergibt sich t1 = t2 = t3 = 0 mithin auch X1 = X2 = X3 = 0 Y1 = Y2 = Y3 = 0. Wie also schon gesagt, fallen drei von den möglichen vier Schnittpunkten in B zusammen. Und für den vierten wird:      t_4=\frac{4\,\cdot\,v_\varrho\,\cdot\,\cos\,\alpha}{g}, woraus      y_4=\frac{4\,\cdot\,{v_\varrho}^2\,\cdot\,\cos^2\,\alpha}{-g}. Der absolute Betrag der Ordinate y4 gibt den gesuchten Höhenunterschied zwischen A und B, hρ, um den das Teilchen a beim Durchlaufen seiner Bahn von der Trommel zu heben ist: h_\varrho=\frac{4\,\cdot\,{v_\varrho}^2\,\cdot\,\cos^2\,\alpha}{g} . . . . . 11) Für einen einzigen Umlauf des Teilchens a ist also an Arbeit erforderlich zum Erteilen der Geschwindigkeit v und zum Heben um die Höhe h bei der Masse m: \frakfamily{A}_m=\frac{m\,\cdot\,{v_\varrho}^2}{2}+\frac{m\,\cdot\,g\,\cdot\,4\,\cdot\,{v_\varrho}^2\,\cdot\,\cos^2\,\alpha}{g} \frakfamily{A}_m=\frac{1}{2}\,\cdot\,m\,\cdot\,{v_\varrho}^2+4\,\cdot\,m\,\cdot\,{v_\varrho}^2\,\cdot\,\cos^2\,\alpha . 12) Um den gesamten Arbeitsverbrauch für den Mahlvorgang im Innern der Trommel festzustellen, gilt es noch zu bestimmen, welche Summe von Arbeit in der Sekunde erforderlich ist, um allen diesen unendlich vielen, unendlich kleinen Teilchen die Geschwindigkeit v zu erteilen, und sie um die Höhe h zu heben. Die Menge der Füllung, die in jeder Sekunde gehoben und beschleunigt werden muß, läßt sich beispielsweise dadurch ausrechnen, daß man bestimmt, wie groß der Querschnitt des festen, mit der Trommelwandung aufsteigenden Stromes ist und wieviel durch diesen Querschnitt in der Sekunde hindurchgeht. Textabbildung Bd. 323, S. 610 Fig. 23. Fig. 23 möge wieder den senkrechten Querschnitt einer beliebigen Griesmühle in normalem Betriebe darstellen. Der lichte Durchmesser der Trommel sei wieder D, der mit der Trommelwand aufsteigende Strom wird innen und außen durch walzenförmige Flächen begrenzt. Außen durch die Trommel mit dem Halbmesser \frac{D}{2} und innen durch eine Fläche mit dem Halbmesser \frac{d}{2}. Bezeichnet L die Länge der Trommel, so wird bei einem Längsschnitt durch die Trommelmitte, etwa bei CE die Querschnittsfläche des aufsteigenden Stromes \frac{D-d}{2}\,\cdot\,L. Diese Querschnittsfläche ist ein Rechteck, ihr Schwerpunkt deshalb um die Strecke \frac{D+d}{4} von der Drehachse entfernt. Da der aufsteigende Strom genau gleiche Winkelgeschwindigkeit mit der Trommel hat, so wird bei n Umdrehungen der Trommel in der Minute durch diesen Querschnitt eine Masse hindurchgehen, deren Volumen nach der Guldinschen Regel (Fläche mal Schwerpunktsweg) in einer Sekunde beträgt \frac{D-d}{2}\,\cdot\,L\,\cdot\,\frac{D+d}{2}\,\cdot\,\pi\,\cdot\,\frac{n}{60}. Die einzelnen Teilchen der Füllung legen verschieden häufig ihren Weg zurück, setzten wir aber ihre mittlere Umlaufszahl in einer Minute gleich z, so wird die ganze Masse der Füllung in der Sekunde \frac{z}{60} mal durch den Querschnitt CE (Fig. 23) hindurchgehen. Im aufsteigenden Strom liegen die Teilchen fest aufeinander; deshalb werden sie durch die Gewichtseinheit den gleichen Raum beanspruchen wie beim Stillstande der Mühle. Ist in der Ruhe das Füllungsverhältnis f, so ist das Volumen der Füllung: f\,\cdot\,\frac{D^2\,\cdot\,\pi}{4}\,\cdot\,L. Dies Volumen geht durch den Querschnitt CE (Fig. 23) in einer Sekunde \frac{z}{60} mal hindurch. Vorhin ist schon mit Hilfe der Guldinschen Regel das in der gleichen Zeit durchgehende Volumen gefunden zu \frac{D-d}{2}\,\cdot\,L\,\cdot\,\frac{D+d}{2}\,\cdot\,\pi\,\cdot\,\frac{n}{60}. Diese Werte müssen also gleich sein: \frac{D-d}{2}\,\cdot\,L\,\cdot\,\frac{D+d}{2}\,\cdot\,\pi\,\cdot\,\frac{n}{60}=\frac{f\,\cdot\,D^2\,\cdot\,\pi\,\cdot\,L\,\cdot\,z}{4\,\cdot\,60}. Daraus ergibt sich: d=D\,\cdot\,\sqrt{1-f\,\cdot\,\frac{z}{n}} . . . 13) z=\frac{D^2-d^2}{D^2}\,\cdot\,\frac{n}{f} . . . . . 14) (Fortsetzung folgt.)