Titel: Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im ersten Halbjahr 1908.
Autor: A. Stift
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 648
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Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im ersten Halbjahr 1908. Von k. k. landw. techn. Konsulent A. Stift (Wien). Bemerkenswerte technische Neuerungen auf dem Gebiete der Zuckerindustrie im ersten Halbjahr 1908. KadlácekZeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen 1908, 32. Jahrgang, S. 465. beschreibt ein Verfahren zum Aufmaischen der Diffuseure nebst Einrichtung, bei welchem der nichtaktive schädliche Raum der Diffusionsgefäße vollständig vermieden und bei guter Ausführung die kleinste Menge dichtesten Diffusionssaftes von höchster Reinheit gewonnnen wird; dadurch wird die Verdampfstation entlastet, größte Brennstoffersparnis erzielt und die Verarbeitung der Rüben beschleunigt. Fig. 1 stellt einen Teil der Batterie im Grundriß, Fig. 2 den Seitenriß eines Diffuseurs dar. Bei den Diffuseuren D1, D2, D3 usw., die in bekannter Weise zur Diffusionsbatterie vereinigt sind, bedeuten, wie üblich: S die Saturationsleitung, V die Wasserleitung, P das Uebersteigrohr, a1, a2, a3 usw. die Wasserventile, b1, b2, b3 usw. die Uebersteigventile und c1, c2, c3 usw. die Saturationsventile. Zu diesen bekannten Bestandteilen treten unter den Uebersteigventilen angebrachte Einmaischventile d1, d2, d3 usw. hinzu, zu welchen die Abzweigungen K1, K2, K3 usw. führen, in deren Fortsetzung die Rohrleitung T unter dem Oberdeckel R in die Diffuseure mündet. Der Arbeitsgang auf der Diffusionsbatterie war bis jetzt der folgende: Angenommen sei, daß der Diffuseur D2 mit Schnitzeln gefüllt ist und aufgemaischt werden soll. Aus dem Diffuseur D1 wurde der Saft durch das offene Ventil c2 und die Saturationsrohrleitung S in das Meßgefäß getrieben. Textabbildung Bd. 323, S. 648 Fig. 1. Hierauf schreitet man zum Aufmaischen des Diffuseurs D2, indem man das Ventil c2 offen läßt und c3 öffnet, so daß der allerdings schon verdünnte Saft unter dem geschlossenen Ventil b3 durch das Uebersteigrohr P2 von unten in den Diffuseur D2 eintritt. Nach dem Aufmaischen wird das Ventil c2 geschlossen und b2 geöffnet, wodurch der Saft über das geschlossene Ventil a2 hinweg in D2 und durch das Ventil c3 in das Meßgefäß gelangt. Textabbildung Bd. 323, S. 649 Fig. 2. Daraus geht hervor, daß der gesamte verdünnte Saft in der Saturationsrohrleitung, ferner jener in der Uebersteigrohrleitung von c3 unter b3 und zum unteren Teile des Diffuseurs D2, schließlich auch der Saft unter dem unteren Siele des Diffuseurs D2 vorerst in das Meßgefäß getrieben wird, ohne mit den Schnitzeln in Berührung gewesen zu sein und diese ausgelaugt zu haben. Um diese Saftmenge ist man also gezwungen, den Abzug aus jedem einzelnen Gefäß zu vergrößern. Der Arbeitsgang bei dem vorliegenden Verfahren ist hingegen der folgende: Aus dem Diffuseur D1 wurde der Saft durch das offene Ventil c2 ausgetrieben. Nach Schließung von c2 wird das Ventil d2 geöffnet. Der Saft steigt unter dem Deckel in D2 und sinkt, die Schnitzel auslaugend, nach unten, während die Luft durch die Deckelrohrleitung und das Luftventil entweicht. Nach dem Einbrühen wird das Ventil d2 geschlossen, b2 und c3 geöffnet und der konzentrierte Saft durch das Ventil c3 in das Meßgefäß getrieben, ohne sich mit dem verdünnten Saft zu mischen. Bei diesem Vorgange läßt sich auch der zum Einbrühen bestimmte Saft anwärmen, während bei dem bisherigen Verfahren und der bisherigen Einrichtung dies nicht zu erzielen ist. Durch diese Anlage können, außer den oben mitgeteilten Vorteilen, um ungefähr 13 v. H. Rüben mehr verarbeitet werden. Textabbildung Bd. 323, S. 649 SakrzewskiZentralblatt für die Zuckerindustrie 1908, 16. Jahrgang, S. 1053. konstruierte einen Dichtemesser für den Diffusionssaft, der die Diffusionsarbeit ständig zu kontrollieren erlaubt. Der Apparat wird an jedem Kalorisator aufgestellt. Fig. 3 stellt die Gesamtansicht des Dichtemessers vor, Fig. 4 den senkrechten Schnitt nach der Linie st, Fig. 5 den Schnitt nach der Linie xy, Fig. 6 den Schnitt nach der Linie zv, Fig. 7, 8 und 9 sind die Horizontalschnitte nach den Linien mn, pq und uw und Fig. 10 ist die Ansicht von oben. A (Fig. 3) ist ein Metallgefäß mit einer fest verschließbaren und mit einer Glasscheibe versehenen Tür. Im Inneren des Gefäßes A befindet sich eine metallische Abscheuerung Z (Fig. 4), in welcher zwei Röhren M und K befestigt sind. Die Röhre M ist an beiden Enden offen und stellt einen Heber (Fig. 6) vor. K ist eine gerade Röhre mit einem verschlossenen unteren Ende, wo vier Seitenöffnungen a angebracht sind. In dem Gefäß A sind noch zwei äußere Röhren, von denen die eine C (Fig. 3) am Boden und die andere E (Fig. 5) an der hinteren Wand über der Abscheuerung Z angebracht ist. In dem oberen Teil des Apparates sind flache Spiegel k, k, k und in der Röhre K ist das Aräometer D (Fig. 4) eingesetzt. Die Flüssigkeit tritt in den Apparat durch die Röhre C ein, füllt den unteren Teil des Gefäßes A und der Abscheuerung Z, geht dann durch die Röhre M und fließt in das Gefäß A über die Abscheuerung Z aus. Hier füllt sie den freien Raum aus und drückt dadurch die im Innern befindliche Luft zusammen, welche durch ihren Druck die Flüssigkeit aus dem Gefäß durch die Röhre E verdrängt. Gleichzeitig tritt die Flüssigkeit durch die Oeffnungen a in die Röhre K ein, füllt sie und hebt den Aräometer D. Die Spiegel k, k und k dienen zur Beobachtung der Angaben des Aräometers. Das Volumen des Gefäßes A und seines oberen Teiles B ist so berechnet, daß die Flüssigkeit bei einem Druck von 3 at die Linie bd nicht übersteigt. Der Apparat kann bei allen Druckhöhen bis zu 3 at arbeiten. Textabbildung Bd. 323, S. 650 Fig. 11. Die Maschinenfabrik „Progreß“Zentralblatt f. d. Zuckerindustrie 1908, 16. Jahrg., S. 969. in Berditschew (Gouv. Kiew) hat einen Vakuumapparat mit einem Rührwerk und mit einer konischen Rührvorrichtung zur trichterartigen Bewegung der Füllmasse konstruiert, bei welchem die Füllmasse aus den oberen Schichten zum Rührwerk durch eine Röhre von ungefähr 1 m Höhe gelangt. Infolge der Zentrifugalbewegung der Füllmasse gegenüber den Wänden des Apparates entsteht zwischen ihnen und den Schlangenröhren eine kreisförmige Bewegung der Füllmasse (Fig. 11). Ueber den Schlangenröhren ist eine konische Rührvorrichtung angebracht, welche sich langsam dreht und eine trichterartige Bewegung hervorruft. Diese Bewegung hat eine Richtung nach der Mitte des Apparates und vermischt sorgfältig die ganze Masse. Ein großer Vorzug eines derartigen Vakuumapparates besteht im System seiner Anwärmung. Die Heizfläche, welche 60–70 m beträgt, ermöglicht eine sogen, etagenartige Verkochung anzuwenden, d.h. das allmähliche Verkochen aller Schichten der im Steigen befindlichen Füllmasse. Um die Zirkulation der Masse mittels der Differenz der Temperaturen des erwärmten Dampfes zu fördern, muß man die untere Schlangenröhre mit scharfem oder Rückdampf, deren Temperaturen höher als die des Saftdampfes sind, anwärmen. In den übrigen Schlangenröhren wird ausschließlich Saftdampf so angewendet, daß nur die mit Sirup bedeckten Röhren angewärmt werden. Die Schlangenröhren liegen in einer Fläche, haben nur einen Gang und einen Zentralausgang für Ammoniakwasser. Die Schlangenröhren sind an den eisernen Wänden, auf welchen sie wie auf Lagern ruhen, gut befestigt. Das Ablassen der Füllmasse geschieht ungehindert bei 94° Reaumé. Zur Abkühlung der Füllmasse kann, wenn nötig, auch Wasser durch die Schlangenröhren durchgelassen werden. Bei dem üblichen Ausdämpfen der Verdampfapparate finden große Zuckerverluste statt und diese sind um so größer, je strammer die Füllmasse eingekocht wird, wobei im Innern der genannten Apparate auf den Röhren, Schlangen, Verbindungen usw. große Mengen Füllmassen zurückbleiben, welche beim Ausdämpfen nur durch Auflösen beseitigt werden können. Ist das Ausdämpfen nicht genügend lang ausgeführt worden, so bilden die zurückgebliebenen Zuckerkristalle bei dem nächsten Sud sogen. Knoten. Um nun diese unvermeidlichen Zuckerverluste zu beseitigen, konstruierte J. CzapikowskiZentralblatt f. d. Zuckerindustrie 1908, 16 Jahrg., S. 401. einen Apparat zum Auswaschen des Vakuums mittels dicker Flüssigkeiten, und zwar Grünsirupe oder Melasse mit einer Dichte von 30–35° Beaumé. Eine derartige dicke Flüssigkeit wäscht alle Teilchen der im Vakuum zurückgebliebenen Füllmasse ohne Auflösung der Zuckerkristalle aus. Der einfache, von Netschuja-Werzbitzki in Kiew gebaute Apparat besteht 1. aus einer Handpumpe, welche einen starken Strahl Sirup von 30–35° Beaumé gibt, 2. einem eisernen Behälter (auf dem die Pumpe befestigt ist), für den Sirup, womit er je nach Bedarf gefüllt wird (der verdünnte Sirup oder die Melasse müssen vorher auf 60° C erwärmt werden) und 3. aus einem Gummischlauch mit dem nötigen Zubehör. Der ganze Apparat ist verhältnismäßig nicht schwer und kann leicht von einem Platz zum anderen getragen werden, so daß ein Apparat mehrere Vakuen bedienen kann. Das Auswaschen dauert 8–10 Minuten, wonach das Vakuum zu weiterem Gebrauch wieder fertig ist. Die russischen Zuckerfabriken, welche diesen Apparat verwenden, verkochen ihre Füllmassen auf 4–5 v. H. Wasser, wobei sie keine Zuckerverluste durch dauerndes Ausdämpfen der Vakuen haben, was auch dadurch bestätigt wird, daß die Zuckerausbeute aus der Füllmasse bis 10 v. H. gestiegen ist. (Fortsetzung folgt.)