Titel: Polytechnische Rundschau.
Autor: H.
Fundstelle: Band 323, Jahrgang 1908, S. 719
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Der Simplon-Tunnel und seine Bauschwierigkeiten. Ueber diesen Gegenstand hielt Professor Troske am 22. September d. J. im Verein Deutscher Maschinen-Ingenieure einen Vortrag, dem wir folgendes entnehmen: Die unter Aufwand besonderer persönlicher Energie von Professor Rosenmund-Zürich ausgeführten Vorarbeiten für das Abstecken der Tunnellinie führten hinauf auf die höchsten Gipfel der Alpenriesen der Umgegend. Es folgte die Darstellung der Schaffung der für die Tunnelarbeiten erforderlichen Wasserkraftanlagen, die Maßnahmen für das Wohlergehender großen Arbeiterscharen, die bewirkt haben, daß die Verluste an Menschenleben und der Abgang durch Krankheiten auf das denkbar geringste Maß beschränkt wurden, im Gegensatz zu den früheren Tunnelbauten, die zum Teil wahrhaft männermordend gewirkt haben. Sehr eingehend wurden dann die Schwierigkeiten besprochen, die sich aus der im Innern des Tunnels herrschenden hohen Gesteinswärme (56°C anstatt der erwarteten 42°) ergaben. An der Südseite schlug man kalte Quellen an, welche bis 1200 1 i. d. Sekunde in den Tunnel ergossen. An diese Wasserstrecke, die den Vortrieb monatelang hinderte, schloß sich eine Druckstelle an, die die kräftigsten Holzauszimmerungen zerdrückte, und der nur Eisenrahmen aus 40 cm hohen I-Eisen zu widerstehen vermochten. Diese Druckstelle war zwar nur 42 m lang, erforderte jedoch für den Vortrieb 7 Monate, für die Aufweitung und Ausmauerung 18 Monate. Schließlich, als man sich im Innern des Berges von beiden Seiten bis auf etwa 2 km genähert hatte, traten heiße Quellen bis zu 50° Wärme auf. Beim Durchbruch wichen die beiden Tunnelachsen nur um 202 mm in der Wagerechten und um 87 mm in der Höhe voneinander ab. An den Bau des Simplon-Tunnels hat sich eine erregte Diskussion über die von den Geologen hinsichtlich des Schichtenprofils gemachten Voraussagungen geknüpft. In der mittleren, etwa 7 km langen Strecke wurde nicht trockener, steil aufgerichteter Gneis angetroffen, sondern wasserführende und flache, selbst wagerechte Schichten. Brandt-Hamburg war mit Brandau-Cassel Hauptunternehmer am Tunnel. Ihnen hatte sich noch angegliedert: Sulzer-Winterthur und die Winterthurer Bank. Nach dem im Jahre 1899 erfolgten Tode Brandts trat für diesen der bekannte Erbauer der Pilatus-Bahn: Oberst Locher ein. Der Vortrieb betrug im günstigsten Falle während einiger Monate hindurch 9 m, ja einmal sogar 11 m. In glänzender Weise wurde die Lüftungsfrage gelöst. Hatte man noch am Gotthardt geglaubt, für eine Belegschaft von 400 Mann mit l½ bis 2 cbm Luft i. d. Sekunde auszukommen, so war am Arlbergtunnel die frische Luftmenge schon auf 6 cbm i. d. Sekunde gesteigert. Am Simplon aber wurden 25 cbm, ja sogar 35 cbm i. d. Sekunde eingeblasen. Brandt hatte den genialen Gedanken, statt eines zweigleisigen Tunnels von 8 m Breite zwei durch eine Ausweiche verbundene eingleisige Paralleltunnel von je 5 m Breite zu bauen, wovon jedoch zuletzt nur einer zwecks Kostenersparnis ausgebaut, der andere vorläufig als Stollen belassen werden sollte. Letzterem fiel nun die Rolle des Luftleitungsrohres zu (Luftgeschwindigkeit = rd. 4 m i. d. Sekunde). Gleichzeitig konnte er die Druck- und Kühlwasserleitungen aufnehmen und Transportzwecken dienen. Auf beiden Seiten des Simplons mußten großartige Fabrikanlagen geschaffen werden. Die der Unternehmung für sämtliche Arbeiten vergütete Summe betrug 58,2 Millionen Franks. Wird der Parallelstollen ausgebaut, wozu die Unternehmung verpflichtet ist, so erhält sie dafür 19,5 Millionen Franks. Autogene Schweißung besteht im Zusammenschmelzen der zu verbindenden Stücke, mechanische Bearbeitung (Hämmern) der Naht ist nicht charakteristisch für die autogene Schweißung, sondern nur erforderlich, um große Festigkeit zu erzielen. Das Zusammenschmelzen erfolgt entweder unmittelbar oder bei auf Festigkeit beanspruchten Stücken durch Ausfüllen des kerbartig hergerichteten Stoßes mit flüssigem Metall. Im Gegensatz zum Löten muß letzteres stets mit dem Werkstück gleichartig sein. Zur Erzeugung der Schweißflamme dient ein brennbares Gas und daneben stets Sauerstoff; daher wird empfohlen, das Verfahren „Sauerstoffschweißung“ zu nennen. Als brennbares Gas werden als geeignet bezeichnet: Bei Eisen und Stahl unbedingt Azetylen und für dünnere Bleche bis 8 mm auch Wasserstoff, bei Kupfer und dessen Legierungen sowie bei Nickel und Aluminium unbedingt Leuchtgas oder Wasserstoff. Kupfer wird beim Schweißen mit Azetylen zermürbt. (Hansmann.) [Zeitschrift d. Vereins des Gas- und Wasserfachmannes in Oesterreich-Ungarn 1908, S. 360] ε. Ein interessantes Schweißstück. Textabbildung Bd. 323, S. 719 Fig. 1.Gesamtlänge der geschweißten Rohre 1200 m, Gewicht 5000 kg, Höhe 16 m, Durchmesser 22 m. Ein beachtenswertes Stück moderner Schweißkunst, das ganz aus Stahlrohren mittels Azetylen-Sauerstoff Schweißung verbunden hergestellt ist, befindet sich seit einiger Zeit in Verwendung beim Neuen Kgl. Opernhaus (Kroll) in Berlin. Dasselbe stellt einen Apparat zur Darstellung eines künstlichen Horizontes als Bühnenhintergrund dar, ist über die Bühne entlang nach Art eines Laufkrahnes fahrbar und behufs Raumersparnis bei Nichtbenutzung zusammenklappbar eingerichtet, ähnlich wie das Verdeck einer Droschke. Fig. 1 zeigt das Gerippe des Apparates im zusammengeklappten Zustand vom Zuschauerraum aus betrachtet, Fig. 2 dasselbe im aufgeklappten zustand vom Hintergrund der Bühne aus gesehen. Den Apparat stellt eine Ausführung des D. R. P. 199428 von Mariano Fortuny dar, wonach zwei Stoffflächen (in den Fig. 1 und 2 weggelassen), nämlich eine innere und eine äußere über den konzentrischen Bögen (in Fig. 2 deutlich sichtbar) derart angeordnet worden, daß beim Absaugen der Luft aus dem durch die Stoffflächen gebildeten Hohlraum die äußere Stofffläche sich gegen die äußeren Bögen anlegt, während die innere Stofffläche zu einer regelmäßig gewölbten Wandung (in Fig. 2 würde sie einer Viertels-Hohlkugelfläche entsprechen) sich ausspannt. Um den ganzen Apparat für die Handhabung und die Fahrbarkeit bei genügender Steifigkeit möglichst leicht zu erhalten, wurde er gänzlich aus zweizölligen und eineinhalbzölligen Stahlrohren von 3 mm Wandstärke konstruiert und wurden hierbei sämtliche Rohrstücke unter sich mittels Azetylen-Sauerstoff-Schweißung verbunden. Die Gesamtlänge der verwendeten Rohre beträgt etwa 1200 m, die Anzahl der Schweißstellen etwa 1000. Die Bögen haben den beträchtlichen Durchmesser von 16 m, die ganze Spannweite beträgt 22 m, das Gesamtgewicht ohne Stoffbespannung etwa 5000 kg, mit Bespannung etwa 6000 kg. Mittels der sonst üblichen Verbindungsmethoden wäre es wohl kaum denkbar gewesen, den Apparat in solchen Abmessungen derartig leicht und elegant zu konstruieren. Textabbildung Bd. 323, S. 719 Fig. 2. Ht. Baukosten von Wasserkraftanlagen. Die gesamten Baukosten eines Wasserkraftwerkes lassen sich einteilen in: 1. die Kosten für Vorstudien, Konzessionserwerb, Grunderwerb, Entschädigungen und für die Ablösung vorhandener Wasserrechte; 2. die Baukosten für die Wasserfassung sowie der Kanal- und Wehranlagen; 3. die Baukosten der Gebäude; 4. die Kosten der Turbinenanlage, einschließlich der Regulatoren und des Laufkranes; 5. die Kosten der Stromerzeuger und der elektrischen Anlagen bis zum Schaltbrett; 6. die Kosten der Fortleitung des erzeugten elektrischen Stromes. Die an erster Stelle mit erwähnten Kosten für Vorstudien und Konzessionserwerb sind im allgemeinen unerheblich, gegenüber den Summen, die für Erwerbung von Grund und Boden gezahlt werden müssen. Diese fallen bei Hochdruckkraftwerken, deren Druckleitungen auf unbewohnten Abhängen verlegt werden können, naturgemäß viel geringer aus, als bei Niederdruckanlagen, die mit langgestreckten Oberwassergräben zu rechnen haben, und bei Talsperrenanlagen, bei welchen oft bewohnte oder zum mindesten bebaute Landgebiete unter Wasser gesetzt werden müssen. Insbesondere bei Talsperrenanlagen sind die Grunderwerbkosten sehr hoch, sie können hier bis auf 25 v. H. der Gesamtkosten steigen. Auch durch die Entschädigungen für die durch Anlage des Kraftwerkes bewirkten Kulturschäden, Wasserentziehungen usw. sowie durch die Summen, welche für die Ablösung vorhandener Wasserrechte gezahlt werden müssen, werden die Anlagekosten eines Wasserkraftwerkes stark belastet. Die Ablösung erfolgt entweder durch Ankauf oder dadurch, daß den Inhabern der Wasserkraft ein Ersatz dafür in Form von elektrischem Strom zur Verfügung gestellt wird. Im letzteren Fall ergibt sich eine außerordentliche Belastung der Betriebsrechnung, welche die Wirtschaftlichkeit der ganzen Anlage in Frage stellen kann. Bei der Anlage des rechtsrheinischen Elektrizitätswerkes Schaffhausen mußte z.B. ein vorhandenes Werk von 2500 PS Leistung mit 1 Million Francs ngekauft werden, wodurch sich die Baukosten von 560 Ma für eine Nutzpferdestärke auf 920 M. erhöhten. Im Mittel kann man die gesamten unter 1. genannten Ausgaben iauf 75 M. für eine Nutzpferdestärke bei kleinen Gefällen, bis 10 M. für eine Nutzpferdestärke bei großen Gefällen veranschlagen. Die Kosten der Wasserfassung bilden in der Regel den Hauptanteil der Anlagekosten und hier ist das Verhältnis der verfügbaren Wassermenge zur nutzbaren Gefällshöhe von entscheidendem Einfluß. Die in Niederungen gelegenen Anlagen werden wegen der nur mit sehr langen Kanälen erreichbaren, verhältnismäßig geringen Gefälle wirtschaftlich ungünstiger sein, als die in Gebirgen befindlichen, wo große Gefälle vorhanden sind. In dieser Hinsicht sind die Anlagen in Skandinavien und in Nordamerika von Natur aus begünstigt. Bei dem Werk Kykkelsrud am Glommen in Norwegen wird z.B. nur mit einem festen Wehr von 100 m Länge und einem 1 km langen Kanal ein Gefälle von 16 – 19 m erzielt. Die Kosten dieses Werkes betragen ohne Grunderwerb nur 200 M. für eine Nutzpferdestärke (bei 26000 PS Leistung). Im allgemeinen kann man sagen, daß zur Erzielung geringer Wasserfassungskosten erwünscht ist, die Gefälle zu konzentrieren, um große Gefälle zu erhalten, sowie große Wassermengen zur Ausnutzung heranzuziehen. Für mittlere Verhältnisse schwanken diese Kosten zwischen 500 M. für eine Nutzpferdestärke bei niedrigem und 100 M. bei hohem Gefälle. Auch die Kosten für die eigentliche Turbinenanlage nehmen bei wachsendem Gefälle erheblich ab. Außerdem läßt sich zeigen, daß bei kleineren Leistungen zwei kleine Turbinen zusammen etwa 10 – 20 v. H. mehr kosten, als eine große Turbine von der gleichen Gesamtleistung. Bei größeren Leistungen steigt dieser Unterschied sogar bis auf 50 v. H. Infolgedessen verwendet man heute nur wenige Maschineneinheiten von sehr großer Leistungsfähigkeit, wobei die auf eine Turbine entfallende Wassermenge bis auf 28 cbm i. d. Sekunde, bei einer neueren amerikanischen Anlage sogar 92 cbm i. d. Sekunde beträgt. Das alte Kraftwerk von Sault Ste. Marie enthält z.B. 81 Einheiten von je 580 PS, während in den neuen Anlagen von Niagara und an anderen Orten Turbinen von 10000 und 12000 PS aufgestellt werden. (Thielsch.) [Zeitschr. f. d. gesamte Turbinenwesen 1908, S. 357 bis 362.] H.