Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 302
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Untertägige Streckenförderungen. Mit Rücksicht auf die steigende Ausdehnung der Grubenfelder und das Anwachsen der Arbeitslöhne werden Schlepper- und Pferdebeförderung- verlassen und maschinelle Fördereinrichtungen werden eingeführt. Große Verbreitung hat die Seil- oder Kettenförderung im deutschen Bergbau gefunden. Sie setzt jedoch zweigleisig aufgefahrene und möglichst gut ausgerichtete Strecken voraus, erfordert in Krümmungen umständliche und kraftverzehrende Rollenführungen und ergibt schließlich nur dann ein wirtschaftliches Arbeiten, wenn das Beschicken der Bahn mit Wagen ziemlich gleichmäßig vor sich geht. Die jüngere Lokomotivförderung hat demgegenüber den Vorzug, daß sie sich den Krümmungen der dem Lager folgenden Förderstrecke anpaßt, hinsichtlich der Leistung größere Beweglichkeit gestattet und schließlich bei längeren Strecken auch zur Förderung der Belegschaft verwendet werden kann. Dampflokomotiven sind zwar in den lothringischen Eisenerzgruben im Betrieb; doch selbst in deren hohen und weiten, gut bewetterten Stollen ist die Belästigung durch den ausströmenden Dampf und Rauch sehr groß. Feuerlose Dampflokomotiven besitzen teils wegen ihres bedeutenden Gewichtes, teils wegen der Verluste in den langen Dampfleitungen einen geringen Wirkungsgrad. Für Preßluftlokomotiven liegen die Verhältnisse ähnlich. Benzin oder Benzollokomotiven sind dagegen von jeder Kraftversorgungsanlage unabhängig. Diesem Vorteile steht jedoch die geringe Regulierfähigkeit und die Unmöglichkeit der Umsteuerung der Verbrennungsmotoren gegenüber. Die infolgedessen erforderlichen Zahnräder, die Unterhaltungskosten der Zylinder und der Steuerung, sowie der Kraftverbrauch der Motoren während kurzer Betriebspausen, in denen ein Abstellen des Motors nicht stattfindet, verteuern den Betrieb. Schließlich ist 16 PS die höchste Leistung, die eine Benzinlokomotive etwa liefern kann, so daß ein schwerer Betrieb mit einer entsprechend großen Zahl von Lokomotiven und Führern rechnen muß. Wesentlich günstiger steht die elektrische Lokomotive da, welche selbst für 500 mm Spurweite schon mit 40 PS Leistung ausgeführt werden kann. Außerdem entfällt bei letzterer die Verwendung des feuergefährlichen Benzins. Die elektrischen Lokomotiven können als Oberleitungs- oder als Akkumulatorenlokomotiven ausgeführt werden. Zu ihnen gehören in den meisten Fällen eine Umformer- und Schaltanlage und bei Oberleitungslokomotiven noch die Streckenausrüstung. Eine Umformer- und Schaltanlage ist nötig, da nur Gleichstrom von 220 bis 250 Volt verwendbar ist und auf den Werken größtenteils Drehstrom zur Verfügung steht. Eine höhere Gleichstromspannung läßt sich nur verwenden, wenn die Strecken nicht zur Fahrung benutzt werden; Drehstrom erfordert wegen der doppelten Oberleitung und der verwickelteren Oberleitungsweichen höhere Anlagekosten. Die Verwendung von einphasigem Wechselstrom oder einer Phase des Drehstromes ist gleichfalls unwirtschaftlich. Einmal dürfte als Fahrleitungsspannung wegen der höheren Momentanwerte wohl nur 150 Volt in Betracht kommen; ferner wird der infolge der größeren Stromstärken vermehrte Spannungsabfall in den Leitungen durch den induktiven Spannungsabfall in den Fahrschienen erhöht, so daß die Aufstellung mehrerer Transformatoren entlang der Strecke und die Verlegung eines Speisekabels nötig würde, wobei zur Reserve Transformatoren und Kabel doppelt auszuführen wären. Die Aufstellung des Umformers erfolgt zweckmäßig auf der für die elektrische Förderung einzurichtenden Sohle, da die Zuführung des Gleichstromes durch den Schacht Kabel mit größeren Kupferquerschnitten erfordern würde, als für den Drehstrom nötig ist; überdies würde der Spannungsabfall unbequem sein. Motor und Stromerzeuger werden mit Rücksicht auf den Zusammenbau und besonders bei druckhaftem Gebirge auf eine gemeinsame Grundplatte gesetzt. Wegen der beim Anfahren der Lokomotive auftretenden Stromstöße und zeitweiligen Ueberlastungen empfiehlt sich die Verwendung von Wendepolmaschinen. Auch Ein-Ankerumformer können benutzt werden, welche bezüglich der Platzverhältnisse und des Wirkungsgrades Vorteile bieten, zum Anlassen jedoch eines Hilfsmotors benötigen. Zur Sicherung des Betriebes werden mindestens zwei Umformer bezw. Umformersätze aufgestellt. Die zur Benutzung und Regelung der Umformer erforderlichen Apparate und Instrumente sind in ein Schaltgerüst eingebaut, dessen Vorderseite mit Eisenblech verkleidet ist. Der im allgemeinen für diesen Zweck verwendete Marmor ist wegen seiner Neigung, Feuchtigkeit aufzunehmen und zu reißen, zur Verwendung unter Tage nicht geeignet. Zur Streckenausrüstung gehört in erster Linie die Fahrleitung, ein hartgezogener Kupferdraht, der in Anständen von 6–10 m in etwa 1,8–2 m Höhe über Schienenoberkante isoliert aufgehängt ist. Hierzu sind Porzellandoppelglocken verwendet, in die ein Bolzen mit daran befestigter Zweibackenklemme eingekittet und die zum Schutz gegen äußere Beschädigungen von einer starken gußeisernen Kappe umgeben sind. Diese Kappen werden, je nachdem es sich um die Befestigung an der Holzzimmerung, an Eisenträgern, Querdrähten oder in Gestein handelt, verschieden ausgebildet. Zum Schutz gegen zufällige Berührung der Fahrleitung können Bretter verwendet werden, die zu beiden Seiten des Fahrdrahtes in mässigem Abstande angeordnet sind und tiefer als dieser herabreichen. Bei einer derartigen Anordnung ist allerdings nur ein Schleifschuh- oder ein Rollenstromabnehmer verwendbar. Ein derartiger Schutz ist jedoch auch nur dann nötig, wenn die Fahrdrahtspannung mehr als 250 Volt beträgt und im Stollen kein besonderer Steg für die Fahrung abgetrennt werden kann. Für das Gleis empfiehlt sich eine Schiene von 80 bis 90 mm Höhe bei 13 bis 16 kg/m Gewicht, die für Lokomotiven von 2 bis 3 t Achsdruck ausreicht. An den Stößen werden die Schienen zwecks Rückleitung des Stromes mit Weichkupferdrähten von 6 bis 8 mm Durchmesser verbunden. Die Lokomotiven besitzen wegen der meist geringen Streckenquerschnitte und der kleinen Spurweiten eine außerordentlich gedrängte Bauart. Bei Herstellung des Rahmens aus Schmiedeeisen ist dies in besonders hohem Maße der Fall, denn beispielsweise bei 480 mm Spurweite kann sogar bei Außenlagern eine größte äußere Breite von nur 710 mm erzielt werden. Innenlager gestatten einen noch geringeren Unterschied zwischen Breite und Spur, beengen jedoch den für die Unterbringung der Motoren nötigen Raum. Gußeiserne Wangen und Stahlgußkopfstücke führen die Siemens-Schuckertwerke nur bei Lokomotiven von mehr als 5 t Gewicht aus. Die elektrische Ausrüstung bietet nur bezüglich der Motoren und Stromabnehmer gegenüber dem für die sonstigen Traktionszwecke verwendeten Ausrüstungen bemerkenswerte Einzelheiten. Mit Rücksicht darauf, daß Inspektionsgruben für die Bedienung der Motoren von unten bei geringen Spurweiten sehr schmal und unbequem sind, sowie nur schwer einigermaßen trocken zu halten sind, werden die Motoren nach Entfernung der Lokomotivabdeckung nach oben herausgenommen. Ferner sind die Motoren nicht zum Aufklappen eingerichtet, da durch Hereinziehen der Ankerlager in den Ankerkörper und in das Kommutatorinnere eine gedrängtere Bauart erzielt werden kann. Die Stromabnehmer werden mit Bügel, Rolle oder Gleitschuh versehen und erhalten besonders dann eine verwickeltere Bauart, wenn größere Unterschiede in der Höhenlage des Fahrdrahtes durch örtliche Verhältnisse bedingt sind. Bügelkontakte werden meist doppelt ausgeführt, um das Funken möglichst zu verringern. In Strecken mit weniger als 1600 mm Hohe, sowie als Zubringerlokomotive für die Hauptstreckenförderung, leistet die Akkumulatorenlokomotive gute Dienste. Die in einem besonderen Kasten untergebrachte Batterie wird auf der Lokomotive zweckmäßig auf Walzen gelagert, damit sie nach der Entladung leicht gegen eine geladene Batterie ausgewechselt werden kann. In einer Betriebskostenberechnung werden für eine jährliche Gesamtförderung von 900000 Nutztonnenkilometer in 600 Schichten die Kosten eines Nutztonnenkilometers mit 3,6 Pfennig berechnet und es wird angegeben, daß für Pferdeförderung früher die Kosten 11 Pfennig betrugen und sich für Förderung mit Benzinlokomotiven auf einer ähnlichen Strecke auf 8 Pfennig belaufen. (Passauer). (Deutsche Straßen- und Kleinbahnzeitung 1909 S. 125–134). Pr. Festigkeitszunahme des Betons mit dem Alter mit Berücksichtigung der Eisenbetonbauten. Aus den Betonprüfungen bei dem Bau der Munderkinger Donaubrücke ergab sich für den Beton aus 1 t Zement, 2,5 t Sand und 5 t Schotter folgende Zunahme der Festigkeit mit dem Alter: Alter 28 Tage 5 Monate 2⅔ Jahre 9 Jahre Druckfestigkeit 254 332 520 570 kg/qcm Zunahme derFestigkeit 1 1,31 2,1 2,3 Nach den Bestimmungen des französischen Regierungsausschusses kann für die etwas festeren Mischungen der Eisenbetonbauten angenommen werden: Alter 28 90 365 Tage Zunahme derFestigkeit 1 1,5 2,5 Mit der Zunahme der Festigkeit fällt häufig bei Betonbrücken eine Steigerung der Beanspruchung infolge des Anwachsens des Verkehrs und der Erhöhung der Achslasten zusammen. Reine Betonbauten, die nur auf Druck beansprucht werden, passen sich so in vorteilhaftester Weise ungünstigeren Verhältnissen an. Weniger günstig ist eine Steigerung der Beanspruchung mit zunehmendem Alter bei Eisenbetonbauten, da wohl der Beton, aber nicht das Eisen tragfähiger wird. Daher ist bei später zu erwartender größerer Inanspruchnahme von vornherein eine Verstärkung des Eisenquerschnittes, die nur mit geringen Mehrkosten verbunden, vorzunehmen, um auch später die gleiche Sicherheit zu haben. Auch bei anderen Bauwerken, bei denen keine Steigerung der Belastung zu erwarten ist, sollte die Festigkeitszunahme des Betons mit dem Alter durch Milderung der jetzt geltenden preußischen Vorschrift einer 6fachen Sicherheit nach 28 Tagen berücksichtigt werden. In Frankreich wird nach 90 Tagen nur eine 3,6fache Sicherheit für Druck bei Biegung verlangt. Es wird empfohlen, bei Festsetzung des Sicherheitsgrades die sogenannte Schonzeit des Bauwerkes, innerhalb deren die Tragfähigkeit der einzelnen Bauteile noch nicht oder nur wenig ausgenutzt wird, zu berücksichtigen. Bei einjähriger Schonzeit sollte wegen der Steigerung der Betondruckfestigkeit eine 1⅔fache Ausnutzung als nach 28 Tagen zulässig sein. Aus der nach 28 Tagen festgestellten Festigkeit der Probewürfel läßt sich auf die spätere Festigkeit am Schluß der Schonzeit schließen. Bei der Festsetzung der Sicherheit ist der Unterschied von statisch bestimmten und unbestimmten Bauwerken zu beachten. Diese brauchen wegen der Unsicherheit in der Beurteilung der Spannungen eine 4 bis 5 fache Sicherheit, während man bei jenen wegen der Klarheit der statischen Verhältnisse mit 3,5facher Sicherheit auskommt. Es wird empfohlen, überhaupt nur mit 3,5 facher Sicherheit unter Berücksichtigung der Druckfestigkeit des Betons nach 28 Tagen zu rechnen und bei statisch unbestimmten Systemen, die nur annäherungsweise berechnet sind, bei beweglichen Einzellasten, Stößen und dergl. die wirkliche Belastung mit entsprechenden Zuschlägen einzuführen, wie dies ja bereits teilweise in den amtlichen Bestimmungen für die Ausführung und die Berechnung von Eisenbetonbauten vom 24. Mai 1907 vorgeschrieben ist. Durch bessere Ausnutzung der Eigenschaften des Betons lassen sich vielfach Bauwerke mit geringerer Bauhöhe als bisher ausführen. Engesser. (Zentral blatt der Barverwaltung 1908 Lt. 593–94.) Dr.-Ing. Weiske. Selbsttätiges Absperrventil. Das in Fig. 1 und 2 dargestellte Dampfventil der Firma Jaeger, Rothe & Nachtigall, Leipzig-Eutritzsch, dient dazu, den Dampfdurchgang selbsttätig abzudrosseln oder ganz abzusperren, sobald der Druck die jeweilig gewünschte, einstellbare Höhe überschreitet. Der Dampf strömt in der Pfeilrichtung Fig. 2 durch das Gehäuse. Hierbei pflanzt sich der Druck durch den Kanal c und das bei d, Fig. 1, in das Standgefäß eingefüllte Wasser auf den Kolben e fort, so daß letzterer dem jeweiligen Druck entsprechend sich einstellt und hierbei die Ventilspindel an der Scheibe f betätigt. Das Gegengewicht am Zwischenhebel wird so eingestellt, daß Absperren des Ventils erfolgt, sobald der gewünschte höchste Dampfdruck überschritten wird. Die Manschette b dichtet den Kolben e gegen die Gefäßwand ab. Sie ist konisch geformt, Fig. 3, so daß sie sich bei Bewegung des Kolbens reibungsfrei abwickelt; die Kappe a soll sie hierbei gegen Verwicklung schützen. Wegen des geringen Hubes des Ventilkegels und seines sicheren Abschlusses ist das Ventil nicht nur für Hochdruckdampf, sondern auch für Niederdruck und selbst für Dampfableitungen geeignet, um nötigenfalls Frischdampf zuzumischen, ohne daß eine Erhöhung der regelmäßigen Abdampfspannung eintritt. Textabbildung Bd. 324, S. 303 Fig. 2. Textabbildung Bd. 324, S. 303 Fig. 1. Textabbildung Bd. 324, S. 303 Fig. 3. ε Archimedes-Propeller mit Dampfturbinenantrieb. Dieser durch direkten Dampf zu treibende Propeller Fig. 1 unterscheidet sich von den bekannten Schraubenventilatoren durch die Konstruktion des Flügelrades und durch die zum Antrieb dienende neue Dampfturbine. Textabbildung Bd. 324, S. 303 Fig. 1. Durch das gesetzlich geschützte Flügelrad mit schräger Anordnung der Schaufelflügel im Verein mit einer neuartig ausgebildeten, für die Luftbeförderung mit nutzbar gemachten Nabe wird eine besonders gute Leistung erzielt. Die gesetzlich geschützte und zum Patent angemeldete Dampfturbine zeichnet sich dadurch vorteilhaft aus, daß das Turbinenrad aus einem Stück besteht und doppelt gelagert ist. Das Rad besitzt keine Schaufeln, sondern der Radkörper ist in kranzförmiger Anordnung mit mehreren Reihen von Queraussparungen durchsetzt, durch welche der Dampf zu seiner vollen Ausnutzung von einer Radflanke zur anderen wechselnd hindurchgeleitet wird. Die Lagerung der Turbinenradwelle ist derart, daß das sogenannte Fressen im Gehäuse und Zerstörung der Schaufelflächen ausgeschlossen sind. Ferner ermöglicht sie bei ruhigem, fast geräuschlosem Gang, unterstützt von der Bauart des Rahmengestelles, die Verwendung der Propeller senkrecht- wagerecht oder schräg. Die Archimedes-Propeller können an jede Dampfleitung von 2 bis 15 Atm. Druck angeschlossen und somit unabhängig von der Transmission – also z.B. auch während der Betriebspausen in Tätigkeit gehalten werden. Geliefert werden die Archimedes-Propeller von der Ventilationsfirma W. Hanisch & Cie., Berlin N. 37, Kastanienallee 84. ε Das Elektrizitätswerk Spiez der Vereinigten Kander- und Hagnekwerke A.-G. in Bern. Das im Jahre 1898 erbaute Wasserkraftwerk, welches sein Kraftwasser damals ausschließlich aus dem Kanderfluß bezog, war ursprünglich zur Aufnahme von fünf Einheiten zu je 900 PS bemessen. Davon waren zur Zeit der Eröffnung des Betriebes im Juni 1899 vier Einheiten vorhanden, Girard-Turbinen mit wagerechten Wellen, die mit Drehstromerzeugern von je 620 KW gekuppelt waren und bei dem vorhandenen Rohgefälle von 61 bis 65 m der 1600 mm weiten Druckleitung eine Wassermenge von 1475 bis 1300 l in der Sekunde verbrauchten. Die aus einer besonderen Leitung gespeisten Druckwasserregulatoren verstellten Spaltschieber, welche bei Belastungsschwankungen von 25 V. II. Aenderungen von mehr als 2,5 v.H. der normal 300 Umdrehungen in der Minute betragenden Geschwindigkeit verhinderten- Da das Werk so gut wie ungeklärtes Wasser verwendet, so zeigten sich an den Turbinenschaufeln nach kurzer Zeit Anfressungen, welche von dem mitgerissenen Sand herrührten. Da außerdem die Inanspruchnahme des Werkes zunahm und die Stromerzeuger eine erheblich größere Leistung abgeben konnten, so entschloß man sich, zunächst an der Stelle der fünften Maschinengruppe einen Versuch mit einer 1300-pferdigen Spiral-Francis-Turbine zu machen, und als dieser erfolgreich war, alle Girard-Turbinen gegen solche Francis-Turbinen auszuwechseln. Diese Turbinen, welche 2000 bis 1800 l in der Sekunde, je nach dem Gefälle, verbrauchen, sind an die alte Druckleitung angeschlossen. Ihre gußeisernen Laufräder von 1250 mm nützen sich aber auch sehr stark ab, so daß sie etwa alle zwei Jahre ersetzt werden müssen. Gegenwärtig werden daher Versuche mit Stahlgußrädern angestellt. Die Turbinen machen 300 Umdrehungen in der Minute und sind mit elastischen Kupplungen an die alten Drehstromerzeuger angeschlossen, welche 900 KW bei 4000 Volt und 40 Perioden in der Sekunde liefern. Der Wirkungsgrad der Turbinen erreicht bei 1200 PS Belastung 82 v.H., bei 600 PS Belastung noch 75 v.H. Die größte Geschwindigkeitsänderung beträgt bei 25 v.H. Belastungsschwankung höchstens 10 v.H. Seit dem Jahre 1902, wo das Werk mit 6500 PS voll ausgebaut worden war, hatte sich der Kraftbedarf noch weiter gesteigert. Infolgedessen mußte zu weiterer Vergrößerung des Kraftwerkes geschritten werden, welche in den Jahren 1905 bis 1908 ausgeführt wurde. Das erforderliche Mehr an Kraftwasser wird der Simme bei der Simmentaler Porte durch ein mächtiges Stauwehr entnommen, dessen Mauerwerkskörper an der höchsten Stelle 23 m über seinem Steinfundament hoch ist und in welchem die 7 m tiefe Ueberfall- und Grundablaßöffnung durch zwei übereinander angeordnete Schützen von 7 m Breite und 3,8 m Höhe verschlossen ist. Zu beiden Seiten dieser durch zwei Strebepfeiler eingefaßten Oeffnung befinden sich je zwei weitere Schützen von je 3,75 m Breite, die zusammen mit der Grundablaßöffnung eine Wassermenge von 370 cbm in der Sekunde hindurchlassen können. Zu den interessantesten Einzelheiten des Wehres ist die Konstruktion der beiden Grundablaßschützen zu zählen. Diese sind ganz unabhängig voneinander durch Gegengewichtsaufzüge elektrisch oder auch von Hand verstellbar und haben 7,50 und 4,50 m Hubhöhe. Die Schützen sind auf Rollen geführt und sind deshalb geteilt, weil bei Verwendung einer 7 m hohen Schützentafel die Bauhöhe des Windengerüstes zu groß geworden wäre. Auch die Reibung der Führungsrollen wird durch die Teilung der Schützen verringert. Die Wasserfassung befindet sich am rechten Ufer des durch das Stauwehr erzeugten etwa 1200 m flußaufwärts reichenden Sees; sie besteht, abgesehen von den üblichen Einlaufrechen aus drei Schützen, welche so groß bemessen sind, daß sie 6000 1 in der Sekunde mit einer Geschwindigkeit von etwa 0,27 m in der Sekunde hindurch lassen. Dieses Wasser wird mit Hilfe eines etwa 2592 m langen Stollens von 1 ‰ Gefälle bis zum linken Ufer des Kanderflusses geleitet, wo sich ein Leerlauf und Ueberfall in die Kander befindet, überschreitet sodann diesen Fluß auf einem aus Eisenbeton hergestellten Aquädukt von 286 m Länge und mündet endlich durch einen weiteren Stollen von 567 m Länge in den erweiterten Stau- und Klärweiher des Werkes. An das hier angelegte Wasserschloß schließen sich zunächst ein 420 m langer Druckstollen von 8 qm lichtem Querschnitt, welcher mit einem Druckregler, einem eisernen oben offenen Standrohr von 4 m Durchmesser und 8,70 m Höhe, versehen ist und welcher in zwei mit hydraulisch betätigten Absperrschiebern versehene Druckleitungen übergeht. Diese Leitungen, von denen vorläufig erst eine ausgeführt ist, erhalten 1200 mm Durchmesser und werden aus Blechschüssen an Ort und Stelle zusammengenietet. Ihre Wandstärke nimmt entsprechend dem Druck von 8 auf 15 mm zu. Die Erweiterung des Maschinenhauses, welches auf 77 m Länge ausgebaut worden ist, umfaßt sechs neue Maschineneinheiten von je 3200 PS, von denen seit Oktober 1908 drei bereits im Betriebe sind. Die Francis-Turbinen mit wagerechter Welle, die mit 1200 mm weiten Zuleitungen versehen sind, können bei 62 m Reingefälle und 400 Umdrehungen in der Minute bis zu 5000 l in der Sekunde verbrauchen und bis zu 3800 PS leisten. Sie sind ebenso wie die 1300pferdigen Turbinen mit Drehschaufelregulierung versehen und mit 2000 KW-Drehstromerzeugern von 4000 Volt und 40 Perioden in der Sekunde gekuppelt und erhalten ihren Erregerstrom von zwei neuen Hochdruckspiral-Francis-Turbinen von je 300 PS bei 500 Umdrehungen in der Minute. Der erzeugte Strom wird auf 1600 Volt Spannung gebracht, wozu vorläufig- acht Einphasentransformatoren von je 400 KVA und ein Dreiphasentransformator von 2000 KVA im Betriebe sind. (Schweizerische Bauzeitung 1908 II S. 153 bis 156, 161 bis 164, 205 bis 209, 232 bis 235 und 339 bis 344.) H.