Titel: Neuere Patente aus dem Hebemaschinenbau.
Autor: Georg Schultheis
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 421
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Neuere Patente aus dem Hebemaschinenbau. Erster Vierteljahresbericht 1909 von Dipl.-Ing. Georg Schultheis-Berlin. Neuere Patente aus dem Hebemaschinenbau. Die Klasse 35, Patente aus dem Hebemaschinenbau zerfällt in vier Unterklassen, 35a bis 35d. In die Klasse 35a mit 25 Gruppen sind eingereiht: Patente aus dem Aufzug- und Fördermaschinenbau nebst Fangvorrichtungen und Betriebssicherungen; desgl. in Kl. 35b mit 7 Gruppen, Patente aus dem eigentlichen Kranbau; desgl. in Kl. 35c mit 7 Gruppen, Winden, Flaschenzüge, Brems- und Sperrvorrichtungen; desgl. in Kl. 35d mit 9 Gruppen, Werkzeuge zum Anheben von Lasten, Hubvorrichtungen durch Auftrieb von Wasser und Luft. Textabbildung Bd. 324, S. 420 Fig. 1. Textabbildung Bd. 324, S. 420 Fig. 2. In dem folgenden Berichte sollen nur die neueren Patente der Kl. 35b besprochen werden. Die Durchsicht der im letzten Vierteljahre ausgegebenen Patente zeigt, daß sich in allen Betrieben immer mehr das Bestreben geltend macht, Menschenarbeit auszuschalten und alle Bewegungen, auch das Zubringen der Lasten, von der Maschine selbst ausführen zu lassen. Ganz besonders reichhaltig ist daher die Patententnahme auf dem Gebiete der Greifvorrichtungen, indem von 20 ausgegebenen Patenten vierzehn sich nur auf das Erfassen und Zubringen der Materialien erstrecken. Beachtenswerte Erfolge und mannigfaltige Durchbildung der Greifvorrichtungen sind bisher nur auf dem Gebiete der Hüttenwerkmaschinen erzielt worden, während für das Erfassen und Verladen von Briketts, Ziegel-, Mauersteinen und dergl. nur primitive Einrichtungen bestehen und dem Konstrukteur sich hier, noch ein lohnendes Feld der Betätigung erschließt. Neuerungen einführen und Patente erringen wird überall dort von Erfolg sein, wo immer weitergehende Bedingungen an die Leistungsfähigkeit einer Maschine gestellt werden und sich das Arbeitsfeld erweitert. Nicht angebracht ist es jedoch, jedes Patent als eine Erfindung zu bezeichnen (wie dies in der Patentzeitschrift durchweg geschieht); es sind vielfach Konstruktionen, die sich durch sachgemäßes Aufstellen der Bedingungen, unter welchen eine Maschine zu arbeiten hat, von selbst ergeben. Solche Konstruktionen gehörten ihrem Wesen nach zu den Gebrauchsmustern. Es entstehen Erwerbshindernisse, wenn die allernächstliegenden Konstruktionen und jede Spezialausführung in allzuweitgehendem Maße patentiert werden. Im folgenden sind die Patente nicht nach der Reihenfolge der Ausgabe, sondern nach Gruppen geordnet und das Neue an denselben nur kurz beschrieben. 1. Patent No. 205582 in Kraft vom 11. Januar 1908 ab. Märkische Maschinenbauanstalt Ludwig Stuckenholz A -G. in Wetter an der Ruhr. Greifvorrichung für Krane u. dergl. (Fig. 1 u. 2.) Textabbildung Bd. 324, S. 420 Fig. 3. Textabbildung Bd. 324, S. 420 Fig. 4. Eine Anzahl um eine wagrechte heb- und senkbare Achse b schwingbare Träger a sind an beiden Enden mit quer zu deren Längsrichtung stehenden angelenkten Armen c versehen. Je nach Einstellung der Träger auf die eine oder andere Seite der Drehachse kommt der eine oder andere der zügehörigen Arme zur Wirkung. Die Bewegung der Träger geschieht durch Kurbeln d und Zugseil e. Die Arme stellen sich, vermöge ihres Eigengewichtes, in die Arbeitslage und gestatten das Anheben des unterfaßten Materiales. Mit den Greifern können die punktiert gezeichneten Abstreifer verbunden werden. Die Fig. zeigt die Ausführung in zwei verschiedenen Stellungen. Neu an der Konstruktion ist gegenüber den bekannten Pratzen die doppelseitige Wirkung, sie gestattet ferner eine bessere Ausnutzung des Lagerplatzes, da die Stapel enger aneinander gerückt werden können. Die Konstruktion verlangt kräftige Durchbildung der Arme, Träger und Gelenke, da hohe Biegungs- und Drehbeanspruchungen auftreten. 2. Patent No. 206168 in Kraft vom 5. Oktober 1906 ab.Märkische Maschinenbauanstalt Ludwig Stuckenholz A.-G. in Wetter an der Ruhr. Tragpratze für Krane und dergl. (Fig. 3 u. 4.) Auch hier ist wie im vorhergehenden Falle im Gegensatz zu den bekannten winkelförmigen Pratzen eine symetrische doppelseitige Pratze zum Erfassen, Tragen und Abwerfen von Walzprodukten angewendet. Gegenüber der ersten Konstruktion sind hier viel weniger Gelenke vorhanden und der Vorteil erreicht, daß die Last nach beiden Seiten abgeworfen werden kann. Beim Beladen eines Waggons können die Schienen unmittelbar bis in die Ecken gelegt werden. Der doppelseitige Tragarm c ist durch Anschläge d bzw. eine Sperrvorrichtung so gehalten, daß er höchstens bis zur horizontalen Lage ausschwingen kann und nach Auslösen der Sperrvorrichtung bzw. Hochziehen der Anschläge erst eine weitere Schrägstellung und damit Abwerfen der Last eintritt. Die ganze Konstruktion ist einfacher und betriebssicherer als die zuerst beschriebene. 3. Patent No. 206391 in Kraft vom 10. September 1907 ab. Ernst Lutz in Kiel. Blockzange zum Fassen von Blöcken mit ungleichförmigem Querschnitt. (Fig. 58.) Textabbildung Bd. 324, S. 421 Fig. 5. Textabbildung Bd. 324, S. 421 Fig. 6. Textabbildung Bd. 324, S. 421 Fig. 7. Textabbildung Bd. 324, S. 421 Fig. 8. Zwei Zangen sind an einem Balancier derart aufgehängt, daß die Oeffnungen beider sich unabhängig voneinander verschiedenen Blockquerschnitten anpassen können, die Zangen fassen gleichzeitig, aber wenn nötig mit verschiedenen Oeffnungen. Die beiden Tragzangen a sind nicht, wie sonst üblich, unmittelbar mit der Tragsäule verlascht, sondern mit Balanciers c, die ihrerseits am Zapfen h drehbar an der Tragsäule sitzen. Beim Ergreifen eines Blockes faßt zuerst eine Zange, und zwar an der dicksten Stelle des Blockes, wird weiter gehoben, so dreht sich der Balancier, bis die andere Zange an der dünneren Stelle des Blockes zur Anlage kommt. An Stelle des Balanciers können auch Rollen mit Ketten an den Zangenenden angewendet werden. Neu ist an diesem Patent, daß die sonst übliche Zwangläufigkeit zwischen den beiden Zangen aufgehoben ist, wodurch der angestrebte Zweck erreicht wird. 4. Patent No. 206470. Zusatz zu obigem Patent No. 206391 in Kraft vom 26. Februar 1908 ab. Ernst Lutz in Kiel. Blockzange zum Fassen von Blöcken mit ungleichförmigem Querschnitt. (Fig. 9 u. 10.) Textabbildung Bd. 324, S. 421 Fig. 9. Textabbildung Bd. 324, S. 421 Fig. 10. Der Balancier c ist an der Oeffnungsstange o angeordnet, faßt zuerst die linke Zange, so neigt sich bei weiterem Heben der Säule d der Balancier so lange nach rechts, bis auch die rechte Zange packt. Die Ausführung eignet sich für solche Zangen, deren Oeffnung dadurch verändert wird, daß die oberen Enden in schrägen Schlitzen geführt werden. 5. Patent No. 206959 in Kraft vom 22. April 1908 ab. Paulin Coupette in Cöln. Vorrichtung zum Entladen von Pratzen. (Fig. 11.) Bei den bisher bekannten Pratzen erfolgt das Entladen durch Neigen der kippbaren Tragarme oder durch Abschieben mit einem besonderen Schubarm oder Abstreifer; immer aber ist eine Drehbewegung auszuführen. Bei dem vorliegenden Patent erfolgt das Abwerfen der auf den Tragarmen ruhenden Materialien mit Hilfe einer gegen den Tragarm vertikal verschiebbaren geneigten Kante eines zweiten, gleichfalls hakenförmig ausgebildeten Teiles. Beide Teile, Pratze und Abrutschkante, sind an zwei unabhängig voneinander wirkenden Hubvorrichtungen aufgehängt, sie brauchen nicht unmittelbar nebeneinander angeordnet zu sein, sondern auch einzeln in abwechselnder Reihenfolge. Textabbildung Bd. 324, S. 421 Fig. 11. Auch diese Pratze gestattet ohne Zuschieben bis dicht an eine Wand zu entladen und erreicht mit den einfachsten Mitteln eine betriebssichere Entladevorrichtung. 6. Patent No. 207364 in Kraft vom 14. Dezember 1906 ab.Märkische Maschinenbauanstalt Ludwig Stuckenholz A.-G. in Wetter an der Ruhr. Tragpratze für Krane und dergl. (Fig. 12 u. 13). Zusatz zum Patent No. 206168. Eine weitere Vervollkommnung hat das Patent 206168 (s. No. 2) dadurch erhalten, daß der doppelseitige Hebel Fig. 12. in zwei gegeneinander bewegliche Hälften aufgelöst wurde. Beide Hebel aa1 sind je an einer Traverse bb1 aufgehängt und werden durch ein Zugseil d gegeneinander bewegt. Hierdurch ist erreicht, daß die auf dem einen Teil liegenden Lasten von dem Rücken des anderen Teiles abgeschoben und eigene Abstreifer entbehrlich werden. Werden die beiden Hebel umgesteckt, wie in Fig. 13 gezeigt, so dienen dieselben als Schutz- und Tragbügel beim Arbeiten mit Hebemagneten. Textabbildung Bd. 324, S. 422 Fig. 12. Textabbildung Bd. 324, S. 422 Fig. 13. Die Konstruktion zeigt eine beachtenswerte Vervollkommnung und Erweiterung des Verwendungsgebietes, nur dürfte das Unterfassen der stabförmigen Materialen Schwierigkeiten bereiten und nur in der horizontalen Stellung der Hebel aa1 möglich sein. In geneigter Stellung verhindert der Rücken des einen Teiles das Unterfassen des Materiales des anderen Teiles. 7. Patent No. 207365 in Kraft vom 12. Januar 1907 ab.Mannheimer Maschinenfabrik Mohr & Federhaff in Mannheim. Vorrichtung zum selbsttätigen Greifen geschichteter Rundhölzer (Fig. 14 u. 15). Kurze und ziemlich gleich lange Rundhölzer werden von oben durch eine Zange mit keilförmig zugespitzten Hebeln erfaßt, deren Drehachse a parallel zu der Achse der geschichteten Hölzer verläuft. Unter der Wirkung der Schließkraft der greiferartigen Zange rollen sich die Hölzer aneinander ab und ermöglichen das Eindringen der Zangenhebel. Letztere sind der Länge der Rundhölzer entsprechend breit ausgeführt und müssen vor dem Greifen möglichst senkrecht auf die Rundhölzer aufgesetzt werden. Textabbildung Bd. 324, S. 422 Fig. 14. Textabbildung Bd. 324, S. 422 Fig. 15. Das Oeffnen und Schließen der Zange geschieht in bekannter Weise wie bei einem gewöhnlichen Greifer, nur muß die Entleerungs-Einrichtung das Herausziehen der Greifer in geöffnetem Zustande gestatten. Die Konstruktion ist bereits ausgeführt für die Zellstoff-Fabrik Waldhof (vergl. 2. d.V.D.I. 1909, No. 20, S. 786) mit vorzüglichem Ergebnis in bezug auf Ersparnis an Arbeitskräften. (Fortsetzung folgt.)