Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 324, Jahrgang 1909, S. 822
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Wasserkraft-Elektrizitätswerke ohne Wartung. Die umfangreiche Verwendung, welche der elektrische Strom in neuerer Zeit auch in kleineren Betrieben findet, hat es mit sich gebracht, daß man bestrebt ist, selbst die kleinsten Wasserkräfte nutzbar zu machen. Bei solchen Anlagen, die oft nur 20 bis 50 PS leisten, fallen die Kosten für die Wartung der Maschinen gegenüber den übrigen Kosten schwer ins Gewicht. Man hat daher versucht, die Anlagen so einzurichten, daß ihr Maschinenwärter nicht dauernd im Maschinenhause anwesend zu sein braucht. Solche Anlagen sind insbesondere in den Vereinigten Staaten mehrfach eingeführt worden, und wenn diese auch vorläufig meist für Betriebe arbeiten, bei denen es auf hohe Gleichförmigkeit der Turbinengeschwindigkeit nicht ankommt, so dürften anderseits die Fortschritte, die neuerdings auf dem Gebiete der Turbinenregulatoren gemacht worden sind, dazu beitragen, hier zu verbessern. Eine solche Anlage befindet sich zum Beispiel am Colebrook, etwa 11 km von Winsted, Connecticut, entfernt. Sie gehört zu einer Holzschneidemühle und wird aus dem Sandy Brook durch einen 400 m langen Kanal und eine kurze Rohrleitung von 915 mm mit Kraftwasser von 8 m nutzbarem Gefälle gespeist. Das Werk enthält eine Turbine, deren wagerechte Welle mit Hilfe eines Riemens eine Gleichstromdynamo von 30 KW Leistung und 250 V Spannung antreibt, und die von einem Lombard-Regulator selbsttätig gesteuert wird. Die Turbine läuft von morgens unbeaufsichtigt bis mittags, wird dann stillgesetzt, nach der Pause wieder angelassen und läuft dann bis zum Schluß des Betriebes wieder ohne Aufsicht weiter. In der Holzschneidemühle, welcher der Strom mit zwei 10 mm dicken Kupferleitungen von etwa 800 m Länge zugeführt wird, ist ein 30pferdiger Elektromotor vorhanden, der die Hauptwelle der Fabrik antreibt. Im Falle von Wassermangel dient eine kleine, mit der Hauptwelle kuppelbare Dampfmaschine als Aushilfe. Noch selbständiger arbeitet eine andere Anlage, die in Colfax, California, gelegen ist und welcher ein Gefälle von 24 m zur Verfügung steht. Dieses Werk ist mit einem Peltonrad von 610 mm ausgerüstet, dessen Welle in Ringschmierlagern erfahrungsmäßig wochenlang ohne Aufsicht laufen kann, und welches mit Hilfe einer schweren, als Schwungrad wirkenden Riemenscheibe eine Dynamomaschine mit Verbundwicklung von 4,5 KW Leistung und 240 V Spannung mit 1200 Umdrehungen in der Minute antreibt. Auf der anderen Seite der Maschine ist an der Welle die Antriebsscheibe des Regulators angebracht; dem vorhandenen Wasservorrat entsprechend kann die Turbine mit Düsen von drei verschiedenen Werten, 25,4, 32 und 38 mm, betrieben werden und liefert dann 2,74 bis 6 PS Leistung. Der Strom wird etwa 400 m weit nach einem Wohnhause übertragen, wo etwa 50 Lampen gespeist werden, abgesehen von 25 über die zugehörigen landwirtschaftlichen Gebäude verteilten Lampen, und wo damit außerdem die Wasserversorgung sowie der Antrieb von Küchen- und landwirtschaftlichen Geräten besorgt wird. Bemerkenswert ist aber bei dieser Anlage, daß das Anlassen und Abstellen der Maschinen ausschließlich von dem Wohnhause aus besorgt werden kann, derart, daß das Kraftwerk selbst wochenlang nicht betreten zu werden braucht. Das Absperrventil der Turbinendruckleitung ist zu diesem Zwecke durch eine Art Flaschenzug und eine Drahtleitung mit einer Kurbel im Wohnhause so verbunden, daß das Oeffnen und Schließen des Ventiles von dort aus ohne besonderen Kraftaufwand bewirkt werden kann. Damit der Antrieb nach beiden Seiten wirkt, ist in die Uebertragung ein über zwei Trommeln laufendes Seil eingeschaltet, das beim Drehen der einen Trommel in der einen, beim Drehen der anderen Trommel in der anderen Richtung mitgenommen wird. (Electrical World 1909, I., S. 1374 bis 1376.) H. Die Wasserwerke der Städte Worms und Binden. Die bisher Rheinwasser entnehmenden Städte Worms und Bingen mußten infolge der nicht einwandfreien Beschaffenheit des Rheinwassers zur Erbauung neuer Wasserwerke schreiten. Das im Burgstädterwald erbaute Wasserwerk der Stadt Worms ist für eine Leistung von 11100 cbm pro Tag oder 154 1/Sek. und von normal 7400 cbm pro Tag oder bei 20stündigem Betriebe von 102,8 1/Sek. bemessen. Die zur Entnahme des Wassers aus der Erde angelegten Rohrbrunnen von 600 mm lichter Weite und 22–30 m Tiefe sind ringsherum mit einer 200 mm starken Schicht von gewaschenen, erbsen- bis haselnußgroßen Rheinkieseln umfüllt. Der etwa 10 cm über den normalen Grundwasserspiegel reichende oberste Stoß dieser Rohre ist mit einem überwölbten Einsteigeschacht versehen. Die in jedem Brunnen pendelnd aufgehängte Saugleitung hat 200 mm . Die Leistungsfähigkeit eines solchen Brunnens beträgt 20–30 1/Sek. Aus den Brunnen wird das Wasser in zwei getrennten Saugleitungen von etwa 500 m, bezw. 250 m Länge und 550 mm unter einer gleichmäßigen Steigung von 0,3 mm auf 1 m zu der aus zwei Zentrifugalpumpen bestehenden Pumpstation geführt. Jede Pumpe kann bei 550 Umdrehungen in der Minute 108 1/Sek. fördern. Die geodätische Förderhöhe beträgt 12,5 m, die manometrische etwa 15 m. Der Pumpenantrieb erfolgt durch zwei einfachwirkende Viertaktmotoren von Gebr. Körting in Hannover. Dieselben haben einen Zylinderdurchmesser von 590 mm, einen Hub von 955 mm und leisten bei 120 Umdrehungen in der Minute normal 126 PS. Die mit jedem Gasmotor unmittelbar gekuppelten, einkurbeligen Doppelplungerpumpen mit Umführungsgestänge, sog. „Expreß-Pumpe-Schleifmühle,“ haben einen Plunger von 296 mm bei einem Hub von 400 mm. Der zur Ausgleichung der Druckschwankungen im Druckrohr, am Ende der Pumpenstube befindliche Druckwindkessel hat bei 1200 mm und 5500 mm Hohe einen Inhalt von 6,2 cbm. Die zum Anlassen der Gasmotoren erforderliche Druckluft wird in einem kleinen Riemenkompressor erzeugt, der bei 300 Umdrehungen in der Minute 31 cbm angesaugte Luft pro Stunde auf 9 Atm. verdichten kann. Die zur Benutzung von Gaskoks eingerichtete Gaserzeugungsanlage besitzt drei voneinander unabhängige Systeme, von denen jedes für den Betrieb eines Pumpenmotors genügt und aus einem Generator von 950 mm Schachtdurchmesser und 1180 mm Schichthöhe, einem Verdampfer von 10 qm Heizfläche, einem Skrubber von 1075 mm und 3680 mm Höhe, also von 3,356 cbm Inhalt, und einem Reiniger mit Einsatzhorden von 6,5 qm Hordenfläche besteht. Die Gesamtkosten für das Wasserwerk haben 1200000 M. betragen. Die Abnahmeversuche ergaben einen Brennmaterialverbrauch pro indizierte Pferdekraftstunde von im Mittel 0,35 kg Koks bei einem Heizwert von 6774 WE/kg, was einem wirtschaftlichen Wirkungsgrade von etwa 27 v.H. entspricht. Im Wasserwerk der Stadt Bingen kommt gleichfalls Sauggasbetrieb zur Verwendung. Die beiden vorhandenen Generatoren haben einen Schachtdurchmesser von 490 mm bei 1130er Schichthöhe. Die schmiedeeisernen Skrubber von 500 mm und 2475 mm Höhe haben 0,5 cbm Inhalt. Die Sägespänereiniger besitzen 1,2 qm Hordenfläche. Die zum Betriebe je einer Drillingspumpe dienenden Sauggasmotoren leisten bei 380 mm Zylinderdurchmesser und 660 mm Hub bei 135 minutlichen Umdrehungen normal 43 PS und maximal 51 PS. Die Drillingspumpen saugen am Ende der 500 m langen Saugrohrleitung von 225 mm , an der drei Röhrenbrunnen angeschlossen sind, das Wasser unmittelbar heraus und drücken es durch die 325 mm weite und 6,5 km lange Leitung bis zur Stadt. Die Abnahmeversuche ergaben, daß mit 1 kg Koks eine Leistung in gefördertem Wasser von 376044 kg erzielt wurde. (Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung 1909. S. 730–738.) J. Die Eisengewinnung auf elektrischem Wege. Fast gleichzeitig ist in Schweden und Norwegen die Anlegung elektrischer Eisenwerke beschlossen worden, die die ersten dieser Art in der Welt sein werden und deren Wirksamkeit man später überall in der Welt mit Interesse verfolgen wird, da das Verfahren, Eisenerz auf elektrischem Wege zu schmelzen, für eine ganze Menge Länder größte Bedeutung hat. Die auf der skandinavischen Halbinsel zur Anwendung kommende Erfindung stammt von den schwedischen Ingenieuren A. Grönwall, A. Lindblad und O. Stalhane, deren Patente über einen Ofen zur Herstellung von Gußeisen auf elektrischem Wege sich im Besitz der Aktiengesellschaft Elektrometall befanden, von der die Patentrechte soeben auf das Järnkontor (Eisenkontor) in Stockholm, eine die sämtlichen schwedischen Eisenwerke umfassende Organisation, übergegangen sind. Dieses Järnkontor hat sich bereits bei Trollhätta (bei Gotenburg), wo die größte elektrische Kraftstation Europas der Vollendung entgegengeht, ein Grundstück, sowie zu billigem Preise Kraft gesichert und wird nun dort einen elektrischen Ofen anlegen, mit dem die praktischen Ergebnisse eines Betriebes größern Umfanges ermittelt werden können. Indessen ist das Verfahren schon längere Zeit hindurch bei dem Eisenwerk Domnarfvet in Dalekarlien soweit geprüft worden, daß man mit Sicherheit auf ein gutes Ergebnis rechnet. Die Uebernahme der Patente durch das Järnkontor hat die Wirkung, daß den schwedischen Eisenwerken die Benutzung der Patente zu einem Preise gesichert wird, der auf alle Fälle viel niedriger ist, als er in andern Ländern mit Lizenzen auf die Patente werden kann. In Norwegen ist in diesem Augenblick unter Führung der Aktiengesellschaft „Norfk Elektrometal,“ die das Ausnutzungsrecht der schwedischen Patente für Norwegen besitzt, unter dem Namen „Hardanger elektrisches Eisen- und Stahlwerk“ eine Aktiengesellschaft in Bildung begriffen, deren Kapital 1 Million Kronen beträgt und die gleich nach der in kurzem erfolgenden Konstituierung mit dem Bau eines Eisen- und Stahlwerkes beginnen wird. Es soll in der Nähe der Tyssekraftstation in Hardanger liegen und aus einer Hochofenanlage von 2900 P.S. und einem Stahlwerk von 800 P.S. bestehen. Hierzu kommt noch ein Walzwerk und sonstiger Betrieb mit etwa 700 P.S., so daß die ganze Anlage 4500 P.S. umfassen wird. Zunächst kommt der Hochofen zur Ausführung–. Norwegen hat für diese neue Industrie günstigere Bedingungen als irgend ein andres Land, nämlich billige Kraft, billigen Transport und billiges Eisenerz. Letzteres ist fast Überall in Norwegen zu finden, Viel davon enthält zwar Titan, aber dieses hindert nicht, daß das Eisenerz zum elektrischen Schmelzen benutzt werden kann. Die norwegische Hochofenanlage soll im Sommer 1910 in Betrieb gesetzt werden. Mit der somit bevorstehenden Verwirklichung der Eisengewinnung auf elektrischem Wege in Schweden und Norwegen haben diese Länder zweifellos einen guten Vorsprung. Von sonstigen Ländern, für die eine derartige Methode das größte Interesse bietet, sind vor allem zu nennen Italien, Ungarn, Rußland, Südafrika, Indien, Neuseeland, Kanada, Brasilien, Mexiko und Kalifornien. Gewinnung und Verbrauch von Nickel und Kobalt in den Vereinigten Staaten von Amerika 1908. Nickel und Kobalt werden in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht in großen Mengen gewonnen. Die Ausbeute von Nickel im Jahre 1908 stammte aus zwei bis drei Plätzen, die von Kobalt nur aus einem. Beide Metalle werden von einer Bleibergbau-Gesellschaft in Fredericktown in Missouri hergestellt, und einiges Nickelerz wurde aus Bunkerville in Nevada zum Versand gebracht. Es sind noch einige andere Nickelerzlager in verschiedenen Teilen des Landes vorhanden, aber aus ihnen wurde im Jahre 1908 eine nennenswerte Ausbeute nicht erzielt. Einige Nickelsalze werden in einer Raffinerie New Jerseys aus elektrolytischen Kupferlösungen bei der Kupferraffination gewonnen. Monel-Metall, eine neue Nickellegierung, wurde neuerdings auf den Markt gebracht. Sie enthält 68 v.H. Nickel, 1,5 v.H. Eisen und 30,5 v.H. Kupfer. Das Metall ist silberweiß und nimmt eine schöne Politur an, die sie für unbegrenzte Zeit behält. Es soll eine um 25 v.H. größere Dehnbarkeit und eine um 50 v.H. größere Elastizität als der beste Walzstahl besitzen und sich außerdem durch hervorragende Widerstandskraft gegen ätzende Stoffe auszeichnen. Der Bedarf der Vereinigten Staaten an Nickel wird in der Hauptsache aus der kanadischen Provinz Ontario gedeckt, und zwar aus den Lagern von Sudbury. Im Jahre 1908 wurden für 2497585 $, 1907 für 2243026 $ Nickel nach den Vereinigten Staaten zum Verbrauch eingeführt. Es wird in der Union vielmehr Nickel raffiniert als zum Verbrauche gelangt. Daher findet eine bedeutende Ausfuhr statt, die sich 1908 auf 9770248 Pfund im Werte von 3297988 $ und 1907 auf 8772578 Pfund für 2845663 $ belief. Kobalt kommt an verschiedenen Plätzen der Vereinigten Staaten vor, wurde aber im Jahre 1908 nur in Fredericktown, Montana, von der obengenannten Gesellschaft gewonnen. Man stellt es dort zusammen mit Nickel und Kupfer aus Erzkonzentraten der Bleierzgruben her. Der größte Teil des in den Vereinigten Staaten gebrauchten Kobalts wird aus Cobalt in der kanadischen Provinz Ontario bezogen, wo es sich in großen Mengen im Silbererze findet. Es wurden im Jahre 1908 nach der Union 219098 Pfund Kobalt im Werte von 17077 $ zum Verbrauch eingeführt. (The Tradesman, Chattanooga.) Zur Lage der Goldindustrie in Sibirien. Die Ausbeutung der Goldminen, die zahlreichen Anmeldungen über Entdeckung neuer Lagerstätten und die merkliche Vergrößerung der Goldgewinnung im laufenden Jahr in vielen Bergwerksbezirken Ostsibiriens bezeugen, daß die Goldindustrie dort in ein neues Stadium ihrer Entwicklung getreten ist. So sind z.B. im Transbaikalgebiete nach offiziellen Angaben in der Zeit vom Juni bis zum August bei dem Bezirks-Bergingenieur gegen 30 Anzeigen über Entdeckung von Goldsand- und Golderzlagerstätten in dem Östlichen Transbaikal-Bergbezirk eingegangen; solche Anzeigen laufen in großer Anzahl auch aus dem Küsten- und Amurgebiet ein Einige aufgegebene Goldminen werden von ausländischen Gesellschaften angekauft und ausgebeutet. Die weitere Entwicklung der dortigen Goldindustrie dürfte von dem Bau von Zufuhrbahnen von der Hauptbahn nach den Fundorten abhängen. Das Fehlen dieser Zufuhrbahnen ist einer der größten Mängel für die dortige Industrie und für das Leben der in den Goldminen arbeitenden Bevölkerung, da der Transport von Lebensmitteln und Maschinen nach diesen Gegenden jetzt nur mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. (Torg. Prom. Gazeta.)