Titel: Schwimmende Getreide-Elevatoren.
Autor: E. Lufft
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 33
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Schwimmende Getreide-Elevatoren. Von Regierungsbaumeister E. Lufft. (Schluß von S. 21 d. Bd.) Schwimmende Getreide-Elevatoren. Eine von den vorbeschriebenen Konstruktionen wesentlich abweichende Bauart besitzt der von dem englischen Ingenieur Mitchell entworfene Schiffselevator.Gegenwärtig befinden sich bei Amme, Giesecke & Konegen, Braunschweig zwei Elevatoren des Mitchellschen Systems von 100 t Stundenleistung im Bau, welche nach Newcastle (Tyne) bestimmt sind. Die Aufgabe, auch bei den verschiedensten Schiffslagen die Löschung jederzeit vornehmen zu können, wird bei diesem Elevator in anderer Weise gelöst als wie bei den bisherigen Auslegerelevatoren. Die Verstellung der beschriebenen Elevatoren vollzieht sich in der Hauptsache in senkrechter Richtung. Es ist zwar möglich, auch in wagerechter Richtung die Arbeitsstellung sich ändern zu lassen, indem eine Schrägstellung der Schwebeelevatoren möglich ist. Das Gehäuse dieser Elevatoren wird fischbauchartig ausgeführt, um den Durchhang der Gurte bis zu einer gewissen Schrägstellung zu ermöglichen, ohne daß dabei die Becher am Elevatorgehäuse streifen. Den Arbeitsbereich, den auf diese Weise ein am fest verlagerten Ausleger eingehängter Schwebeelevator beherrschen kann, zeigt die Fig. 10. Die schraffierte Fläche verläuft im großen und ganzen von unten nach oben. Die Fig. 11 gibt demgegenüber das Schema eines Mitchell-Elevators an, bei welchem der Ausleger nicht mehr in einem festen Punkt gelagert ist, sondern es gehört die Lagerstelle des Auslegers selbst wieder einem Ausleger an, der so angeordnet ist, daß diese Lagerstelle in einer zur Schiffslängsachse ungefähr senkrechten Richtung verschoben werden kann. Der Erfolg dieser Maßnahme besteht darin, daß der Arbeitsbereich des Becherwerks nicht nur in senkrechter Richtung sich ausdehnt, sondern auch eine gewisse Ausdehnung in der Richtung auf den Ponton zu besitzt. Infolgedessen ist es leicht möglich, auch Schiffe von geringeren Breiten zu löschen, ohne diese Fahrzeuge durch Abbäumen oder sonstwie in einer gewissen Distanz vom Elevatorponton zu halten. Textabbildung Bd. 325, S. 33 Fig. 10. Arbeitsbereich eines Ausleger-Elevators. Textabbildung Bd. 325, S. 33 Fig. 11. Schema des Mitchell-Elevators. Der Auslegerarm, welcher das Becherwerk trägt, ist wesentlich kürzer als bei den gewöhnlichen Schwimmelevatoren. Um trotzdem das Becherwerk auch bei höchster Schiffslage aus der Luke herausheben zu können, ist es nötig, das Becherwerk teleskopartig auszugestalten derart, daß der untere Teil nahezu völlig im oberen Teil des Elevatorgehäuses verschwinden kann. Diese Konstruktion ist nicht etwa dem Mitchell-Elevator allein eigentümlich, sondern findet sich sehr häufig bei englischen Ausführungen von Schiffselevatoren. Statt eines Gurtes müssen zwei Ketten verwendet werden, zwischen denen die Becher befestigt werden. Diese Ketten laufen von den Kopfrollen nach den Fußrollen, von diesen nach zwei Paar Umführungsrollen, von denen die eine am oberen Ende des festen Gehäusestückes angebracht ist. Am kurzen Arm des Auslegers greifen Zugstangen an, welche zu den Gegengewichten führen, welche auf diese Weise nach einem tiefer gelegenen Punkte verlegt sind, was im Sinne der Stabilität des Pontons günstig wirkt. Der gesamte Mechanismus ist außerdem drehbar angeordnet, so daß der Elevator ebensowohl auf den Längsseiten des Pontons als auch auf einer der Stirnseiten zu arbeiten imstande ist. Die Gesamtkonstruktion ist natürlich wesentlich komplizierter als diejenige der gewöhnlichen Schwimmelevatoren. Die verschiedenen Bewegungen werden durch elektrische Einzelantriebe erzeugt. So ist ein Motor vorhanden für das Kurzziehen des Schwebeelevators, ein weiterer Motor für das Auslegerband, ein Motor für das Schwenken des Auslegers, ein Motor für das Schwenken des Stützauslegers und ein Motor für das Drehen des Elevators um die senkrechte Achse. In jedem einzelnen Fall wird zu überlegen sein, ob diese Vermehrung der Triebwerksteile wirtschaftlich berechtigt ist, um die größere Manövrierfähigkeit, welche dieser Elevator zweifellos gibt, zu erhalten. In der Fig. 12 ist ein ausgeführter Elevator dieses Systems dargestellt. Abweichend von der schematischen Zeichnung Fig. 11 ist der Schwebeelevator hier nicht teleskopartig gebaut, sondern kann in seiner ganzen Länge durch einen Windenantrieb der Höhe nach verstellt werden, Das von diesem verstellbaren Schwebeelevator hoch gehobene Getreide gelangt auf ein Transportband, von diesem durch verschiedene, allseitig bewegliche Rohrstücke in die Nähe der Lagerstelle des Stützenauslegers und von dort durch ein Fallrohr auf Deck des Pontons. Durch ein weiteres Rohrstück wird Verbindung nach dem Einlauf eines feststehenden Elevators geschaffen, welcher das Getreide nach einem Hochbehälter abwirft, unter welchem Absacktrichter der üblichen Art die Sackierung der geförderten Frucht erlauben. Selbstverständlich kann das Getreide auch unmittelbar in losem Zustande weiter geleitet werden. Außer der Arbeitsstellung ist auch die Ruhestellung des Elevators dargestellt, wobei derselbe eine Drehung von 180° um die senkrechte Achse ausgeführt hat. Elevatoren dieses Systems arbeiten im Hafenbecken der Grain Elevator Company in London-Silvertown; die Fig. 13 und 14 zeigen einen der dort vorhandenen Schwimmelevatoren in Arbeits- und Ruhestellung. Textabbildung Bd. 325, S. 34 Fig. 12. Mitchell-Elevator mit Absackstation. Die nach dem pneumatischen System arbeitenden Schwimmelevatoren seien der Vollständigkeit halber ebenfalls hier durch einen Repräsentanten zur Darstellung gebracht.Firmen, welche den Bau solcher Heber betreiben, sind G. Luther, Braunschweig, The Milwall Engineering Co. in London und Amme, Giesecke & Konegen in Braunschweig. In der Fig. 15 wird die Ausführungsform dieser Art Schwimmelevatoren wie sie sich bei den Hamburger und Rotterdamer Hebern ungefähr findet, angegeben. Die starke auf dem Ponton zu installierende Kraftanlage verlangt natürlich ein kräftig gebautes Schiff mit Maschinenfundamenten, welches mit Vorteil in Eisen und nicht in Holz hergestellt wird. Von ursprünglich liegender Pumpenanordnung ist man allmählich zu stehender Anordnung übergegangen und hat damit den großen Verschleiß, dem die Luftpumpenkolben ausgesetzt waren, erheblich reduzieren können. Es ist trotz aller Sorgfalt in der Ausführung nicht möglich, eine ganz von Staub gereinigte Luft in die Zylinderräume eintreten zu lassen, so daß die Liderung der Kolben häufig erneuert werden muß. Textabbildung Bd. 325, S. 34 Fig. 13. Mitchell-Elevator im Londoner Hafen (Arbeitsstellung). Das durch die Pumpen erzeugte Vakuum veranlaßt die Luft mit großer Geschwindigkeit durch die im Getreide stehenden Düsen einzutreten, wobei das Getreide mitgerissen wird. Die Fig. 16 zeigt die Bauart einer solchen Düse und man erkennt, daß bei der Stelle a (Fig. 16) die Mischung von Luft und Getreide erfolgen muß. Das unterste Ende des Saugrohres ist durch Aufbördelung erweitert und wird durch ein übergeschobenes Stück gebildet, welches je nach der Stellung, die ihm durch eine Handkurbel oder Handrad gegeben wird, eine Aenderung in der Länge a zuläßt, womit die Düse den verschiedenen Getreidearten und Stundenleistungen angepaßt wird. Der hohe Kraftverbrauch, welcher das pneumatische System kennzeichnet, dürfte in der Hauptsache davon herrühren, daß die tot im Schiffsraum liegende Masse plötzlich bis auf die große Geschwindigkeit von 20 bis 30 m sekundlich gebracht werden muß, und es dürfte zur Verringerung dieses Kraftverbrauches notwendig sein, eine Düsenkonstruktion zu finden, welche diese große Geschwindigkeitssteigerung allmählicher vornimmt. Es sind auch schon Neuerungen bekannt geworden, welche dahin zielen, die Mischung von Getreide und Luft in der Düse in einer rationelleren, die Stoßwirkung mehr verhindernden Art zu bewirken. Der untere Teil der Saugrohre wird wie die Fig. 15 erkennen läßt, aus biegsamen Rohren hergestellt, um eine Handhabung der Düsen nach der Seite hin zu ermöglichen. Die Herstellung solcher Rohre, welche biegsam und doch luftdicht sein müssen und zudem gegenüber dem großen Verschleiß, den der scharfe Getreidestaub zur Folge hat, möglichst unempfindlich sein sollen, hat besondere Schwierigkeiten gemacht. Das senkrecht aufsteigende Saugrohr biegt in einer Höhe von ungefähr 16 m über dem Wasserspiegel in ein wagerechtes an einem Mäste aufgehängtes Rohr um. Ein Heber von 150 t Leistung besitzt meist 4 Saugrohre, welche an gemeinschaftlicher Stelle in einen Empfänger einmünden, in welchem die Trennung von Luft, Getreide und Staub vor sich geht. Am Boden dieses Empfängers schlägt sich das Getreide wie auch der schwerere Staub nieder und wird durch eine luftdicht arbeitende Getreideschleuse nach unten abgelassen. Oben am Empfänger schließt das Saugrohr der Luftpumpen an, welche die Abluft unmittelbar in die Atmosphäre ausstoßen oder zur Verringerung der Staubbelästigung erst in eine geräumige Staubkammer eintreten lassen. Diese wird dann durch ein aufsteigendes kaminartiges Rohr entlüftet. Die Maschinen zum Betrieb der Luftpumpen sind fast bei den meisten Ausführungen ebenfalls stehender Anordnung. In der dargestellten Ausführung ist die Anordnung so getroffen, daß eine dreizylindrige stehende Dampfmaschine zwischen zwei gleichen stehenden Luftpumpmaschinen eingebaut ist. Die Dampflieferung besorgt ein Schiffskessel der gewöhnlichen Bauart. Textabbildung Bd. 325, S. 35 Fig. 14. Mitchell-Elevator im Londoner Hafen (Ruhestellung). Textabbildung Bd. 325, S. 35 Fig. 15. Pneumatischer Getreideheber für 150 t Stundenleistung. a Saugdüsen; b bewegliche Saugrohre; c Ausleger-Spieren; d Rezipient; e Getreideschleuse zur Trennung von Luft und Getreide; f Kastenwage; g Verladerohr; h Rohrleitung für die Abluft des Rezipienten; i doppelte Luft-Kolbenpumpe; k Abluft-Leitung der Pumpen; l Staubkammer; m Entlüftung der Staubkammer; n stehende Zweizylinder-Dampfmaschine; o Schiffskessel; p eiserner Ponton; q Leichterschiff. Das durch die Luftschleuse ausfließende Getreide kommt über eine Wage, welche meist als Dezimalkastenwage, seltener als selbsttätige Wage eingebaut wird. Diese Wage ist in dem eisernen Aufbaugerüst des Hebers in solcher Höhe aufgestellt, daß durch natürliches Gefälle das Getreide nach einem längsseits liegenden Fahrzeuge abgelassen werden kann. Andere Anordnungen, welche die Absicht verfolgen, die gesamte Bauart niedriger zu halten, stellen den Empfänger und die Wage tiefer auf und schalten noch einen Becherwerkselevator ein, von dem aus dann erst ein Fallrohr das Getreide in die Leichterschiffe gelangen läßt. Textabbildung Bd. 325, S. 36 Fig. 16. Saugdüse eines pneumatischen Hebers. Zu der gesamten Anlage eines pneumatischen Schwimmelevators gehören noch mannigfache Ausrüstungsstücke geringerer Bedeutung, so Ankerwinden, Verholspills, elektrische Winden zur Hebung der Saugschläuche und anderes mehr. Der Kraftverbrauch solcher Heber hat sich ungefähr nach folgender Zusammenstellung, welche moderne Bauweise und günstigste Getreidebeschaffenheit voraussetzt, ergeben: Leistung an Schwerfrucht in Tons, stündl. 20 40 75 100 150 Normalleistung des Antriebsmotors in PS 50 85 150 200 300 effektiver Kraftbedarf in PS 42 75 135 175 250 Diese Zahlen sind ganz wesentlich günstiger, als wie sie bei den ersten Bauten in den 80 er und 90 er Jahren des letzten Jahrhunderts erhalten wurden. Immerhin müssen sie noch weiter erniedrigt werden, wenn der pneumatische Heber mit Erfolg dem Becherelevator die Dampferlöschung streitig machen will, wozu aber gehört, daß sich mehr als bisher mit dem Problem der Pneumatik auch weitere Kreise befassen. Die in den vorstehenden Ausführungen erwähnten Konstruktionen, welche die meisten der bekannt gewordenen Schwimmelevatoren berücksichtigen, zeigen, welche vielgestaltige Durchbildung ein und derselbe Transport zuläßt. Es handelt sich um die sehr einfach scheinende Aufgabe. Getreide, welches im Schiffsraum liegt, mit schwimmenden Maschinen herauszuschaffen, und es ist zur Lösung dieser Aufgabe ein verhältnismäßig komplizierter Mechanismus erforderlich. Es ist zu erwarten, daß das recht junge Gebiet der Schwimmelevatoren im Laufe der Zeit sich zu mehr feststehenden Formen durchringt in dem Maße, wie die Verwendung zunimmt. Eine zunehmende Verwendung ist aber nach den eingangs gemachten Bemerkungen in gewisser Aussicht, um so mehr als das langsam aber sicher sich vollziehende Gesetz, wonach der Mensch als Kraftmaschine ausgeschaltet und durch die viel leistungsfähigere und sicherer arbeitende Maschine ersetzt wird, bei dem wichtigsten aller Massengüter, dem Getreide, noch am ersten nach Erfüllung strebt.