Titel: Ueber Fahrwiderstände an Laufkranen.
Autor: Martin Pape
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 196
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Ueber Fahrwiderstände an Laufkranen. Von Dipl.-Ing. Martin Pape, Berlin. (Fortsetzung von S. 180 d. Bd.) Ueber Fahrwiderstände an Laufkranen. Tabelle 3. Textabbildung Bd. 325, S. 196 Ungünstigster Kräftezustand; Günstigster Kräftezustand; nicht geführtes Rad gleitet; geführtes Rad gleichtet. Durch eine graphische Darstellung der Beziehung zwischen der jeweiligen Katzenstellung x (Fig. 17) und den einzelnen Momenten können die Ergebnisse der letzten Untersuchung übersichtlich zusammengestellt werden. In Fig. 25 sind zunächst die Linienzüge Q1 μ1 R, Q4 μ1 R, \frakfamily{M}_2 und \frakfamily{M}_3 in ihrer Abhängigkeit von x eingetragen. Danach kann der Linienzug Mv = f (x) einmal nach Gleichung 30 für die nicht geführte Seite ein andermal nach Gleichung 31 für die geführte Seite gezeichnet werden. Diese sind sämtlich gerade Linien, da die Raddrücke Q1 und Q4 mit x linear veränderlich sind (S. 173). Der Schnittpunkt der beiden Linienzüge Mv kennzeichnet diejenige Katzenstellung, Ordinate II, bei der ein Gleiten sowohl des geführten Rades als auch des nicht geführten Rades zu gleicher Zeit erfolgen wird (Gleichung 36). Für alle Katzenstellungen links von II wird das rechte Rad, also das nicht geführte, für alle Katzenstellungen rechts von II wird das linke Rad, also das geführte, gleiten. Der Giltigkeitsbereich der Gleichung 30 liegt demnach zwischen den Ordinaten I und II, der der Gleichung 31 zwischen den Ordinaten II und III. Die Ordinaten I und III kennzeichnen hierbei die äußersten Laststellungen links und rechts. Der Grenzwert Mv ändert sich mit der Katzenstellung und wird für die Ordinate II ein absoluter Höchstwert. Nachdem so für jede Katzenstellung der Grenzwert Mv ermittelt ist, lassen sich nach Gleichung 27 und 28 auch die zugehörigen Grenzwerte H und Mz bestimmen. Die Abhängigkeit der Momentensumme M1 + M2 + M3 + M4 von x ist aus der Fig. 25 ebenfalls zu entnehmen. Ueber diese Gerade lagert sich noch das \frakfamily{M}_z. Dieses wächst für eine feste Katzenstellung mit der Vorwärtsbewegung des Kranes bis zu dem Augenblick, in dem der berechnete Grenzwert Mz eintritt. Nur dieser Grenzwert Mz ist in die Figur eingetragen. Man erhält so die Gerade M_{\mbox{motor}}=\frakfamily{M}_1+\frakfamily{M}_2+\frakfamily{M}_3+\frakfamily{M}_4+\frakfamily{M}_z=f\,(x). In Tab. 3 sind für die Katzenstellungen I, II und III die zahlenmäßigen Werte der einzelnen Momente und Kräfte, geltend für das auf S. 177 angeführte Beispiel, wiedergegeben. Textabbildung Bd. 325, S. 197 Fig. 25. Die graphische Darstellung kann für eine bestimmte Katzenstellung K K, Fig. 25, in folgender einfachen Weise gedeutet werden. Solange der Kran die größte Schräglage noch nicht erreicht hat, ist das gesamte Reibungsmoment durch die Strecke A B dargestellt. Von dem Augenblick, wo die größte Schräglage eintritt, d.h. der zweite Führungspunkt anläuft, wächst das Moment über A B hinaus und erreicht in A C den Grenzwert Mmotor, der in dem Augenblick des Gleitens auftritt. Es ist zu beachten, daß die entwickelten Grenzwerte Mv, H, Mz und Mmotor nur für den ungünstigsten Kräftezustand gelten. Man erhält die entsprechenden Werte für den günstigsten Kräftezustand, indem man an Stelle von \frakfamily{M}_1, \frakfamily{M}_2, \frakfamily{M}_3, \frakfamily{M}_4 einsetzt \frakfamily{M'}_1, \frakfamily{M'}_2, \frakfamily{M'}_3, \frakfamily{M'}_4. Der sich hieraus ergebende Grenzwert M'motor ist in der Fig. 25 für die Katzenstellung K K durch die Strecke A C' dargestellt. Die Gleichsetzung der beiden Grenzwerte M'v (in der Fig. 25 gestrichelt) rechts und links ergibt dann: \frac{Q_1+Q_2}{Q_3+Q_4}=\frac{2\,Q_1}{2\,Q_4}=\frac{\mu_1\,R+\mu\,R+J+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}}{c_2\,\left[\mu_1\,R-\left(\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right)\right]} 38) für den günstigsten Kräftezustand. – Ehe die Vorgänge nach eingetretenem Gleiten weiter verfolgt werden, sollen die Gleitbedingungen der beiden Antriebsräder auch unter der Annahme Rn > Rg bestimmt werden. B. Der Durchmesser des nicht geführten Antriebsrades ist größer als der des geführten Antriebsrades. Aus der für die größte Schräglage der Fahrbühne geltenden Bedingung (s. S. 178) V = Rg . ωg = Rn . ωn folgt unter der Voraussetzung: Rn > Rg ωg>ωn. Das rechte, nicht geführte Rad 4 dreht sich demnach mit der kleineren Winkelgeschwindigkeit, sodaß der Verdrehungswinkel des zugehörigen Wellenendes sich vergrößern muß. Gegen früher ändert sich daher für die Wellenenden und für die Antriebsräder 4 und 1 der Sinn des Verdrehungsmomentes \frakfamily{M}_v und damit auch des Kräftepaares Wa . R; desgleichen wechselt auch das Moment der Reibung zwischen Rad und Schiene seinen Sinn. An dem Kranwagen wirken demzufolge die Kräfte Wa und H entgegengesetzt wie in Fig. 19. Berücksichtigt man, daß mit beendetem Voreilen der nicht geführten Kranseite, d.h. mit Erreichung der größten Schräglage der äußere Spurkranz des Rades 1 und der innere des Rades 2 an der Schiene anliegt, so ist der Kräftezustand für die in Fig. 14 angedeutete Schrägstellung der Räder durch die folgende Fig. 26 gekennzeichnet. Die eingezeichneten Verdrehungsmomente 9)iv beziehen sich auf die Welle; bezüglich der Räder ist ihr Drehsinn entgegengesetzt. Aus der Gleichung 30 für Mv ergibt sich unter Vertauschung der betreffenden Vorzeichen: -M_v=-Q_4\,\mu_1\,R+\frakfamily{M}_3 M_v=Q_4\,\mu_1\,R-\frakfamily{M}_3 \left\} {{\mbox{wenn das nicht ge-}\atop{\mbox{führte Rad gleitet}}} \right.\ \ \ \ 39) Ebenso aus der Gleichung für Mv auf Seite 180 M_v=\frac{Q_1\,\mu_1\,R+\frakfamily{M}_2}{1-c_1\,(\mu_2\,r_m+\mu_1\,h)} Textabbildung Bd. 325, S. 197 Fig. 26. Mit c_3=\frac{1}{1-c_1\,(\mu_2\,r_m+\mu_1\,h)} wird M_v=c_3\,[Q_1\,\mu_1\,R+\frakfamily{M}_2] \left\{ {{\mbox{wenn das nicht geführte Rad}\atop{\mbox{gleitet}}} \right.\ \ \ \ 40) Man hat ferner die Grenzwerte: \left{{H=c_1\,[Q_4\,\mu_1\,R-\frakfamily{M}_3]\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ }\atop{M_z=2\,c:1\,[Q_4\,\mu_1\,R-\frakfamily{M}_3]\ [\mu_2\,r_m+\mu_1\,h]}}\right\} wenn das-nicht ge-führte Radgleitet 41)42) \left. {{H=c_1\,c_3\,[Q_1\,\mu_1\,R+\frakfamily{M}_2]\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \\ \ \ \ \ \ \ \ }\atop{M_z=2\,c_1\,c_3\,[Q_1\,\mu_1\,\frakfamily{R}\,\frakfamily{M}_2]\ [\mu_2\,r_m+\mu_1\,h]}} \right\} wenn das-geführteRad gleitet 43)44) Bei der Berechnung der Werte \frakfamily{M}_1 und \frakfamily{M}_2 ist zu beachten, daß die durch die Quergleitung aller vier Räder erzeugte Querkraft jetzt vom Rad 1 aufgenommen wird und nicht vom Rad 2 wie früher. Demnach ändern sich die Werte \frakfamily{M}_1 und \frakfamily{M}_2, ihre Summe bleibt jedoch dieselbe. Es ist Textabbildung Bd. 325, S. 198 Fig. 27. \frakfamily{M}_1=Q_1\,\left(\mu\,r_m+f+\frac{\,u_1\,R}{200}\right)+(Q_2+Q_3+Q_4)\,\mu_1\,\mu_2\,r_m+(Q_1+Q_2+Q_3+Q_4)\,{\mu_1}^2\,h . 45) \frakfamily{M}_2=Q_2\,\left(\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu^1\,R}{200}\right) . 46) Das Gleiten beider Räder erfolgt gleichzeitig, wenn \frac{Q_1+Q_2}{Q_3+Q_4}=\frac{2\,Q_1}{2\,Q_4}=\frac{\mu_1\,R-\left(\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right)}{c_3\,\left[\mu_1\,R+\mu\,r+f+\mu_1\,\mu_2\,r_m+\frac{\mu_1\,R}{200}\right]} 47) ist. Vorstehende Werte sind zunächst für den ungünstigsten Kräftezustand aufgestellt, sie gelten aber auch für den günstigsten Kräftezustand; denn im vorliegenden Falle ist \frakfamily{M}_2=\frakfamily{M'}_2 und \frakfamily{M}_3=\frakfamily{M'}_3. Nur bezüglich des Motormomentes sind die \frakfamily{M'}-Werte einzusetzen. Die Beziehung zwischen den einzelnen Momenten und der jeweiligen Katzenstellung \frakfamily{M}=f\,(x) ist wiederum durch eine graphische Darstellung (Fig. 27) veranschaulicht. Die untenstehende Tab. 4 enthält für die Ordinaten I, II und III die zugehörigen Werte der Momente bezw. der Kräfte. Der Vergleich der Fig. 25 und 27 läßt erkennen, daß im letzteren Fall, d. i. Rn > Rg der Höchstwert Mv und dementsprechend auch der Höchstwert des zusätzlichen Reibungsmomentes Mz größer ist. Bei der vorhergehenden Untersuchung ist angenommen, daß sowohl die Räder wie der Motoranker direkt auf der Antriebswelle befestigt sind. Die in der Regel zwischen Rad und Welle befindliche Uebersetzung ψ verkleinert, wenn η den Wirkungsgrad des Vorgeleges bezeichnet, die in der Antriebswelle auftretenden Momente und verhältnismäßigen Drehungen um des ψ , η-fache gegenüber den Diagrammen. Bezüglich des Motormomentes gilt bei einer weiteren Uebersetzung ψ1 zwischen Motor und Antriebswelle und einem totalen Wirkungsgrad des Fahrwerkes Von ηt, daß der Diagrammwert desselben noch durch ψ – ψ1 . ηt zu dividieren ist, um den wirklichen Wert des Motormomentes zu finden. Da das Gesetz der Zunahme für die einzelnen Momente und verhältnismäßigen Drehungen durch die Uebersetzung nicht geändert wird, so ist deren Vorhandensein im Diagramm unberücksichtigt geblieben, um die Ermittlung der einzelnen Werte einfacher zu gestalten. Die Diagramme (Fig. 25 und 27) bestehen demnach unter der Voraussetzung zu Recht, daß die auf die Antriebswelle wirkenden Momente \frakfamily{M}, Mz und Mv im Maßstab ψ . η und der Grenzwert Mmotor im Maßstab ψψ1 . ηt vergrößert dargestellt sind. Dagegen sei hervorgehoben, daß die Werte H=c_1\,\frakfamily{M}_v und W_a=\frac{\frakfamily{M}_v}{R} von der Uebersetzung unbeeinflußt bleiben und deshalb durch die aufgestellten Gleichungen in ihrer wirklichen Größe zum Ausdruck kommen. Es bleibt schließlich zu erörtern, welche Kräfte nach stattgefundenem Gleiten auf die einzelnen Antriebsglieder wirken. Dabei ist wiederum zu scheiden zwischen dem nicht geführten Antriebsrade 4 und dem geführten Antriebsrade 1; die Spurkranzreibung, welche nur bei letzterem vorhanden ist, bedingt ein verschiedenes Verhalten beider Räder. Tabelle 4. Textabbildung Bd. 325, S. 198 Ungünstigster Kräftezustand; Günstigster Kräftezustand; nicht geführtes Rad gleitet; geführtes Rad gleichtet. Beginnt das nicht geführte Rad 4 zu gleiten, so entsteht infolge der beträchtlichen Abnahme der Reibungsziffer ein überschüssiges Moment, welches das Rad beschleunigen muß. Es liegt also Grund vor, anzunehmen, daß nicht allein das weitere Anwachsen der Wellenverdrehung durch das Gleiten verhindert wird, sondern es ist wahrscheinlich, daß das Rad, gleichsam schleudernd, die Verdrehung der Welle verringert. Unter Berücksichtigung, daß bei den üblichen Abmessungen der Antriebswelle nur ein Gleiten des Radumfanges um wenige Zentimeter erforderlich ist, um die Mv entsprechende Verdrehung der Welle aufzuheben, wäre es möglich, daß mit eintretendem Gleiten des nicht geführten Rades das Verdrehungsmoment \frakfamily{M}_v der Welle nahezu ganz verschwindet; dadurch würde das maximale Motormoment plötzlich auf \frakfamily{M}_1 + \frakfamily{M}_2 + \frakfamily{M}_3 + \frakfamily{M}_4 abnehmen, um dann wieder gleichmäßig auf seinen Grenzwert anzuwachsen, u.s.f. Anders das geführte Antriebsrad 1. Bei ihm unterscheidet sich die Betrachtung, je nachdem durch das Gleiten seine Winkelgeschwindigkeit vergrößert wird (Rg > Rn) oder nicht (Rn > Rg). Man erinnere sich, daß die Richtung der Spurkranzkraft P1 (Fig. 10) abhängig ist von der Lage des Bewegungspoles A. Gleitet das Rad unter Vergrößerung seiner Winkelgeschwindigkeit, so rückt der Bewegungspol senkrecht nach oben; dadurch neigt sich P1 gegen die Wagerechte. Das hat weiter zur Folge, daß der Hebelarm h der Spurkranzkraft P1 und folglich auch das Moment des Kräftepaares P1 P1 zunehmen mit wachsender Winkelgeschwindigkeit des Rades. Die Wahrscheinlichkeit, daß im vorliegenden Fall auch das geführte Rad, gleichsam schleudernd, gleitet, ist also wesentlich geringer. Wird durch das Gleiten seine Winkelgeschwindigkeit verringert (Rn > Rg), so rückt der Pol senkrecht nach unten und P1 neigt sich gegen die Senkrechte; P1 kann sogar derart gerichtet sein, daß es durch den Mittelpunkt des Rades hindurchgeht, womit h = ∾ 0 wird. Man könnte auf den ersten Blick vielleicht annehmen, daß die Abnahme des Spurkranzreibungsmomentes jetzt das Gleiten des Rades erleichtert. Dies wäre jedoch ein Trugschluß, wie folgende Ueberlegung zeigt. Auf Seite 178/79 ist gesagt, daß die Räder im Sinne des auf sie wirkenden Kräftepaares \frakfamily{M}_v gleiten werden. Für Rn > R ist für das Rad 1 \frakfamily{M}_v rückwärts drehend (Fig. 26), also gleichen Sinnes mit dem Spurkranzreibungsmoment. Nimmt demnach letzteres ab, so wird das Gleiten des Rades erschwert. Bei dem geführten Antriebsrade wirkt somit das Spurkranzreibungsmoment stets hindernd auf ein Durchschleudern desselben. Dagegen wird letzteres erleichtert durch die Abnahme der Reibungsziffer μ1 und somit des Momentes Q1 μ1 R, welches stets entgegengesetzten Sinnes mit \frakfamily{M}_v ist. Je mehr sich die Winkelgeschwindigkeit des Rades ändert, desto mehr ändert sich auch das Spurkranzreibungsmoment. Eine etwaige Verringerung der Wellenverdrehung durch das Gleiten des geführten Rades wird also nur unbedeutend sein. Die vorhergehenden Entwicklungen und die zahlenmäßige Berechnung der einzelnen Reibungsmomente für ein gegebenes Beispiel veranschaulicht die Größenordnung der einzelnen Verlustquellen. Daraus geht hervor, daß der Fahrwiderstand hauptsächlich erzeugt wird durch die Zapfenreibung, Spurkranzreibung und Nabenstirnreibung, während dem Rollwiderstand und der Quergleitung nur untergeordnete Bedeutung beizumessen ist. Die Nabenstirnreibung, deren Einfluß im allgemeinen arg unterschätzt wird, ist von ungefähr gleicher Größenordnung wie die Spurkranzreibung. Beide wachsen während der Kranfahrt in der größten Schräglage und nehmen dann gegenüber der gleichbleibenden Zapfenreibung einen überwiegenden Anteil an dem gesamten Fahrwiderstand. Es ist schließlich beachtenswert, daß die Kräfte H und somit die zusätzlichen Reibungsverluste in der größten Schräglage im gleichen Verhältnis wie die Spannweite und im umgekehrten Verhältnis wie der Radstand wachsen, was in den betreffenden Gleichungen durch den Festwert c1 zum Ausdruck kommt. (Schluß folgt.)