Titel: Tränkung hölzerner Telegraphenstangen.
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 299
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Tränkung hölzerner Telegraphenstangen. Tränkung hölzerner Telegraphenstangen. Im Heft 39 des vorigen Jahrganges (S. 615) ist auf die Notwendigkeit der Tränkung von Telegraphenstangen mit antiseptischen Mitteln zur Erhaltung des Holzes hingewiesen und die Ausführung der hierfür gebräuchlichen Verfahren kurz geschildert worden. In einem im Wiener E. T. V. am 9. Februar gehaltenen Vortrage (s. Elektrotechnik und Maschinenbau 1910, S. 173–180) hat nun E. F. Petritsch die Verwendung neuer Imprägnierstoffe für Telegraphenstangen besprochen und die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Verfahren verglichen, worüber im Nachstehenden berichtet sein möge. Die Ursache für die Zerstörung der Holzfaser sind nicht nur die als Fäulniserreger bekannten Spalt- und Hefepilze, die nur in reichlicher Feuchtigkeit gedeihen, sondern vor allem eine große Anzahl höher organisierter Pflanzenwesen, echte Pilze (Eumyzeten), die nach Schornstein als Holzfresser (Xylophagen) zusammengefaßt werden. Bei mäßiger Feuchtigkeit wachsend, entziehen sie dem lebenden Holze nicht nur die Stoffe, mit denen sie sich selbst nähren, sie spalten auch mit Hilfe ihrer Fermente die chemischen Verbindungen des toten Holzes und verwenden die hierbei freiwerdende Energie für ihren eigenen Organismus. Diese, dem Atmungsprozeß der höheren Pflanzen vergleichbare Lebenstätigkeit entwickelt sich bei denjenigen Pilzarten, welche an dunklen, dumpfen Orten leben, z.B. an den Stangenenden in der Erde, wo das Sonnenlicht und die Luft als Energiequellen fehlen, lebhafter als bei jenen, welche über Tage in den Holzstangen wachsen und nicht ausschließlich auf das Holz angewiesen sind. Pilze beiderlei Arten sind schädlich; sie sollen durch die Imprägnierung der Stangen getötet werden. Vom Tränkungsmittel muß außerdem so viel in den Stangen haften bleiben, daß sie auch gegen künftige Angriffe von außen geschützt bleiben. Das Desinfektionsmittel muß deshalb von der Holzfaser gut aufgenommen werden, es darf ferner nicht zu teuer sein, darf die Holzfaser nicht angreifen und die Festigkeit und Elastizität der Stangen nicht vermindern, muß selbst beständig sein, seine antiseptische Wirkung lange Zeit beibehalten und darf durch Regen nicht leicht ausgewaschen werden. Diesen Anforderungen entsprechen nur wenige Desinfektionsmittel. Weil der Kern der Baumstämme wegen der in den Zellen abgelagerten organischen Stoffe (Gerbsäure, Terpentin. Harze) fast undurchlässig für Flüssigkeiten ist, muß die Tränkung des Splintes umso vollkommener sein. Textabbildung Bd. 325, S. 299 Stoff; Auf Nährgelatine wachsen keine Pilze mehr bei Prozentzusatz; Prozentgehalt der zur Imprägnierung verwendeten Lösungen; Menge des Antiseptikums, das vom Holzgewebe f. d. m3 aufgenommen wird. kg; Antiseptische Wirkung dieser Menge; Verluste an Antiseptikum beim Imprägnieren eines m2 Holz kg; Angenäherte Kosten des zur Imprägn. eines m3 Holz aufzuwendenden Antiseptikums; Verfahren; Kupfervitriol; Chlorzink; Quecksilberchlorid; Kreosotöl ohne Phenole; Kreosotöl mit 10 v. H. Phenolen; Saures Fluorzink; Neutrales Fluorzink; Basisches Fluorzink; Saures Fluornat.; Neutrales Fluornatrium; Bellit-Doppelfluor; Saftverdrängung (Boucherie): Saftverdrängung (Pfister); Tränkung nach Kyan; Bethellsche Vollimprägnierung; Rütgersches Sparverfahren; 5 Rüpingsches Sparverfahren; Saftverdrängung; Tränkung; Saftverdrängung (Malenkovic) Fluornatrium-Chlorzinkverfahren); Kesselimprägnierung (Möllersches Fluornatrium-Chlorzinkverfahren); Saftverdrängung; Tränkung; Auf Grund experimenteller Untersuchungen von B. Malenkovic; Verglichen mit der beim Boucherie-Verfahren aufgenommenen Menge Kupfervitriol als Einheit; Verglichen mit den Kosten für die beim Boucherie-Verfahren aufgenommenen Menge von Kupfervitriol als Einheit. Die Tränkung erfolgt: I. durch Aufsaugen; die Stangen werden unter gewöhnlichem Luftdruck bei der obwaltenden (zuweilen bei erhöhter) Temperatur in die Tränkungsflüssigkeit gelegt. II. durch Einpressen in Kesseln unter hohem Druck (2–15 at); die Stangen sind geschält und trocken (vergl. D. p. J. 1909, S. 616), III. durch Einpressen in die im Saft stehenden Hölzer; Saftverdrängung nach Boucherie (D. p. J. 1909, S. 616). Trotzdem einige Imprägnierverfahren schon sehr alt sind und trotzdem die erzielten Erfolge keineswegs immer gleichmäßig befriedigt haben, ist eine systematische Erprobung der Imprägniermittel erst in den letzten Jahren eingeleitet worden. Sie hat die kleine Auswahl der Desinfektionsmittel um eine Anzahl sehr wirksamer Fluoride bereichert. Zur Ermittlung der Desinfektionskraft der verschiedenen Antiseptika ist festgestellt worden, wie viel Prozent des Mittels einer mit einer Reinkultur der holzfressenden Pilze besetzten Gelatine zugesetzt werden müssen, um die Pilze zu töten. In der vorstehenden Tabelle sind zum Vergleich untereinander die bisher verwendeten Antiseptika aufgeführt. Das in der letzten Spalte der Tabelle erwähnte Rüpingsche Verfahren ist in D. p. J. 1909, S. 616 beschrieben. Rütgers führt dem Holzgewebe eine bestimmte beschränkte Menge Kreosotöl zu, entfernt dann das überschüssige Oel und setzt nun die Stangen noch so lange unter hohen Druck, bis das anhaftende Oel das Splintgewebe vollständig durchdrungen hat. Durch ihr Chlorzink-Fluornatrium-Verfahren suchen Malenkovic und Möller die Stangen mit schwer löslichen Fluoriden zu imprägnieren, um ein Auslaugen durch Regenwasser zu verhüten. In starker Verdünnung können Lösungen z.B. von Natriumfluorid und von Zinkchlorid gemischt werden, ohne das chemische Reaktionen eintreten. Verdunstet aber in einer mit einem Gemisch der angegebenen Lösungen imprägnierten Stange das Lösungsmittel (Wasser) allmählich, so treten chemische Reaktionen ein, als deren Ergebnis sich das schwer lösliche neutrale Zinkfluorid, das ebenfalls schwer lösliche basische Zinkfluorid und das etwas besser aber nicht leicht lösliche saure Natriumfluorid niederschlagen, Salze, die alle drei zudem besonders starke antiseptische Wirkung besitzen. Bellit-Doppelfluor ist ein Gemisch von 88 Teilen Fluornatrium (Na F), 7 Teilen Dinitrophenol (C6 H3 . (NO2)2 . OH) und 5 Teilen Anilinöl (C6 H5 . NH2), das erst in jüngster Zeit von Möller verwendet wird. Es erreicht fast die antiseptische Kraft des Quecksilberchlorids, ist aber billiger. Nach den oben gegebenen Zahlen betragen die Verluste an Imprägnierstoff nach dem Verfahren I etwa 30 v. H. der vom Holz aufgenommenen Menge, beim Verfahren II etwa 10 v. H., beim Verfahren III etwa 75 v. H. Das letztere Verfahren, durch Saftverdrängung, eignet sich daher nicht für teure Imprägnierflüssigkeiten. In bezug auf die antiseptische Wirkung der aufgenommenen Menge des Imprägnierstoffes steht die Zubereitung mit Kreosotöl im Kesselverfahren an erster Stelle; sie erfordert auch die höchsten Kosten für die Imprägnierflüssigkeit Billiger arbeitet das Rütgersche, noch billiger das Rüpingsche Verfahren, die beide noch sehr gute antiseptische Wirkung aufweisen. Am schlechtesten und dabei keineswegs am billigsten im Verbrauch an Antiseptikum wirkt die Zubereitung mit Kupfervitriol. Besondere Beachtung erheischt die Verwendung der Fluoride, die durchweg eine starke antiseptische Wirkung haben und bei den bisher versuchten Imprägnierverfahren zum Teil etwas geringere, zum Teil wenig höhere Kosten für den Verbrauch von Imprägnierstoff verursachen als die Zubereitung mit Kupfervitriol. Am günstigsten erscheint bisher Bellit-Doppelfluor. Während in Deutschland ausgedehnte Versuche mit Stangen Rüpingscher Zubereitung gemacht werden, erprobt die österreichische Telegraphenverwaltung zurzeit vornehmlich die Fluoride. Die endgültigen Ergebnisse werden erst nach Jahren zu erwarten sein, wenn die Mehrheit der Versuchsstangen verbraucht sein wird. Arendt.