Titel: Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen.
Autor: Otto Arendt
Fundstelle: Band 325, Jahrgang 1910, S. 476
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Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen. Von Otto Arendt, Kaiserl. Telegrapheningenieur. (Fortsetzung von S. 458 d. Bd.) Neuerungen im Telegraphen- und Fernsprechwesen. Bemerkenswert ist der Zentralumschalter des Telegraphenamts in Nürnberg (von der Firma Siemens & Halske hergestellt). In Nürnberg ist ein Umschalter für Morse-Leitungen und zwar für Ruhe- und für Arbeitsstromleitungen, einer für Hughes-Leitungen und ein sogenannter Untersuchungsumschalter aufgestellt. Die Anrufe am Morse-Umschalter sind zentralisiert, die Hughes-Leitungen werden dauernd auf einen Apparat geschaltet, jedoch sind Vorkehrungen getroffen, die Apparate wechseln zu können. Wird eine Hughes-Leitung in verkehrsschwachen Stunden mit Morse-Apparaten oder Klopfern betrieben, so wird sie mit Hilfe einer Vermittlungsleitung nach dem Morse-Umschalter verlegt. Am Untersuchungsumschalter sind alle Einrichtungen getroffen, um die Leitungen sowohl nach außen hin wie innerhalb des Amtes prüfen zu können. Die Ansicht des Morse-Zentralumschalters gibt Fig. 40, die Schaltung für Ruhestromleitungen Fig. 41, für Arbeitsstromleitungen Fig. 42. Der im Ruhezustand dauernd in die Leitung fließende Strom (vergl. die Schaltung der Ruhestromleitungen in Fig. 28 auf S. 679 d. Bd.) findet seinen Weg aus der mit einem Pol geerdeten Batterie über den Batteriewähler Z, das Linienrelais D2, die verschiedenen Federn des Kipphebelschalters Ki, einen Strommesser K, das Anrufrelais G, ein Zeitsignal E und den Untersuchungsumschalter A in die Leitung. Das Anrufrelais G ist gekoppelt mit dem zwei Wicklungen tragenden sogenannten Verzögerungsrelais F. Solange der Hebel des Anrufrelais sich in der Ruhestellung befindet, wird ein mit ihm verbundener Kondensator H aus einer Batterie B von 80 Volt geladen. Der Buchstabe Q bezeichnet die Batteriesicherungen. Wird durch den Druck auf die Taste eines fernen Amtes die Leitung stromlos gemacht, so legt sich der Anker des Anrufrelais G gegen seinen Arbeitskontakt (nach rechts) und verbindet die Pole des Kondensators H über einen Widerstand J, dessen Größe so bemessen ist, daß die vollständige Entladung des Kondensators mindestens 2–3 Sekunden Zeit beansprucht. Drückt nun das ferne Amt so lange Taste, bis der Kondensator vollständig entladen ist, so wird beim Loslassen der Taste, wenn der Relaishebel in die Ruhelage zurückgeht der Kondensator begierig neue Elektrizitätsmengen aufnehmen und der über die eine Wicklung des Verzögerungsrelais fließende, Ladungsstrom stark genug sein, um den Anker des Verzögerungsrelais anzuziehen. Der Anker wiederum schließt den Kreis einer 24 Volt-Batterie, welche nun Strom durch die zweite Wicklung des Verzögerungsrelais sendet und den Anker dauernd festhält. Derselbe Strom durchfließt die weiße Anruflampe U2 und ein Kontrollrelais W, welches den Stromkreis für eine zweite Lampe X oder für einen Wecker Y schließt. Die Anruflampe U2 benachrichtigt den Beamten am Zentralumschalter, die mit allen Anrufrelais gemeinsam verbundene Kontrollampe X den Aufsichtsbeamten von dem Eingang eines Anrufes. Während des Telegraphierens in der Leitung bewegt sich die Zunge des Anrufrelais auch unablässig hin und her. Ihre Berührungen mit dem Arbeitskontakt sind aber von zu kurzer Dauer, um den Verzögerungskondensator ausreichend zu entladen. Wird der Kondensator aber nur teilweise entladen, so ist der folgende Ladungsstrom zu schwach, um den Anker des Verzögerungsrelais anzuziehen. Textabbildung Bd. 325, S. 477 Fig. 40. Nach dem Aufleuchten der weißen Anruflampe U2 legt der Umschaltebeamte den Hebel N des Kippschalters Ki nach rechts, in die Stellung N2, trennt hierdurch den Rufstromkreis (die weiße Lampe erlischt, die Anker des Verzögerungsrelais und des Kontrollrelais gehen in die Ruhelage zurück, die Kontrollampe erlischt) und führt die Leitung über ein Galvanoskop zur Taste und über deren Ruhekontakt zum Linienrelais D2, an dessen Arbeitskontakt jetzt der Abfrageklopfer V angeschlossen ist. Textabbildung Bd. 325, S. 477 Fig. 41. Ist ein Telegramm für Nürnberg abzusetzen, so erfolgt die Verbindung mit einem freien Arbeitsapparat D1 durch die Einführung des Verbindungsstöpsels L1 in die darüber gezeichnete Klinke P bei gleichzeitiger Umlegung des Kippschalters Ki nach links, Stellung N1. Hierdurch erhält die Leitung (Stöpselspitze) Verbindung mit der Taste des Arbeitsapparats, deren Ruhekontakt Verbindung mit dem Linienrelais (vom Stöpselhals über den Kippschalter) und schließlich der Arbeitskontakt des Linienrelais Verbindung mit dem Klopferapparat S des Arbeitsplatzes (über den Kippschalter und den Stöpselkörper). Gleichzeitig wird durch die sonst an der Klinke noch vorhandenen Federn am Zentralschrank die Lampe O an dem verbundenen Arbeitsplatz die Lampe R unter Strom gesetzt. Hat der Beamte am Arbeitsplatz das ihm hierdurch gegebene Zeichen befolgt, so legt er den zu seiner Anrufvorrichtung gehörigen Kippschalter T um und bewirkt hierdurch das Erlöschen beider Lampen, was dem Umschaltebeamten – neben der Beobachtung des in der Leitung liegenden Strommessers – wiederum ein Zeichen dafür ist, daß die Leitung nun bedient wird. Das Schlußzeichen gibt der Arbeitsbeamte durch die Zurückführung seines Kippschalters in die Ruhelage, hierdurch leuchten die beiden Lampen wieder auf. Zugleich drückt aber auch das ferne Amt nach Schluß seiner Korrespondenz einige Sekunden die Taste, betätigt hierdurch wie beim Anruf das Verzögerungsrelais und dieses setzt die rote Schlußlampe U1 unter Strom, worauf die Verbindung getrennt wird. Der Stöpsel L, in die Klinke P eingesetzt, und der Schalter M, nach rechts umgelegt, verbinden den Zentralschrank mit dem Arbeitsplatz D1 zum Austausch dienstlicher Mitteilungen. Im Grundgedanken gleichartig, jedoch etwas einfacher gestaltet sich die Schaltung für Arbeitsstromleitungen (Fig. 42). Die gleichen Buchstaben bezeichnen die gleichen Apparate wie in Fig. 41. Textabbildung Bd. 325, S. 478 Fig. 42. Der Zentralschrank enthält, wie in Fig. 40 zu erkennen ist, vier Abteilungen zu je 30 Leitungen, davon zwei Abteilungen für Ruhe- und zwei für Arbeitsstromleitungen, Die in die Leitungen eingeschalteten Strommesser sind zwecks Platzersparnis als Profilinstrumente ausgebildet. Jede Abteilung wird von einem Beamten bedient. (Schluß folgt.)