Titel: Polytechnische Rundschau.
Fundstelle: Band 326, Jahrgang 1911, S. 333
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Polytechnische Rundschau. Polytechnische Rundschau. Lokomotiv-Feuerbüchse. Da Feuerbüchsen mit Stehbolzen große Unterhaltungskosten und mancherlei Betriebsstörungen verursachen, hat die Atchison-, Topeka- und Santa Fe-Eisenbahn neuerdings mit Feuerbüchsen ohne Stehbolzen, Bauart Jacobs Shupert, Versuche angestellt. Die äußeren und inneren Wandungen der Büchsen werden dabei von einer Anzahl etwa 250 mm breiter Stahlbänder gebildet, die miteinander vernietet werden. Zwischen den Flanschen je zweier solcher Stahlbänder befindet sich ein etwa 10 mm starkes Stehblech. Diese Stehbleche besitzen zahlreiche Aussparungen, so daß sich Wasser und Dampf in jeder Richtung frei bewegen kann. Die Nietverbindungen sind nach außen gebogen,. so daß die der inneren Wand nicht vom Feuer berührt werden. Die Stahlbänder werden hydraulisch in die entsprechende Form gepreßt. Die Oeffnungen in den Stehblechen sind gestanzt, die Nietlöcher genau nach Schablonen gebohrt. Bei diesen Feuerbüchsen soll das Wasser in senkrechter Richtung leichter auf- und absteigen können, als bei solchen mit Stehbolzenanordnung, wodurch eine raschere Verdampfung erzielt wird. Nachdem eine Vierzylinder-Verbundlokomotive 18 Monate lang mit solcher Feuerbüchse in Betrieb war, sind weitere 36 Lokomotiven damit ausgerüstet und weitere 66 sollen ihnen folgen. Um das Verhalten der Feuerbüchsen bei sehr niedrigem Wasserstand zu erproben, wurden mit einem durch Oel geheizten Lokomotivkessel mit etwa 380 qm Heizfläche Versuche ausgeführt. Der Kessel und die Feuerbüchse hatten zusammen über 400 qm Heizfläche. Der Dampfdruck betrug 16 at. Der Wasserspiegel senkte sich bei dem Versuch bis 150 mm unterhalb der Feuerbüchse, so daß die oberen Reihen der Heizrohre außerhalb des Wassers lagen. Der Dampf zeigte dabei eine starke Ueberhitzung. Die Temperatur der Decke betrug 608° C vorne und 574° C hinten. Beim Auffüllen des Kessels mit Wasser blieb die Decke noch rotglühend, als das Wasser bereits 76 mm unter derselben stand. Die Untersuchung der Feuerbüchse zeigte keine Beschädigung der Bänder und der Verbindungen. [Engineering 1910, Bd. II, S. 675] W. Lokomotiv-Kran. Für die Great Western-Railway haben Stothert and Pitt, Bath, den größten derartigen für eine englische Eisenbahngesellschaft gebauten Kran geliefert. Mit dem schwengbaren Ausleger können Lasten von 36 t innerhalb eines Radius von etwa 6 m gehoben werden, kleinere Lasten innerhalb eines Radius von 12 m. Wenn der Kran an einem Eisenbahnzug angeschlossen wird, darf der Achsdruck nicht über 14 t sein, ebenso darf kein Konstruktionsteil aus dem englischen Normalprofil herausragen. Beim Transport wird der Ausleger gesenkt und ruht auf einem besonderen Begleitwagen, welcher am Kran angehängt wird. Der Kranausleger besitzt ein verschiebbares Gegengewicht, das auch mittels des Kranes selbst auf den Begleitwagen verladen werden kann. Ohne dieses Gegengewicht mit dem nothwendigen Wasser- und Kohlenvorrat beträgt der Achsdruck 14 t. Der Kran kann mittels eigener Dampfkraft an seine Arbeitsstelle fahren. Die Betriebsmaschine ist eine Zwillingsmaschine mit 254 mm Zylinder-Durchmesser und 305 mm Hub. Der Dampfkessel, Bauart Hopwood, hat 7 at Dampfdruck. Der Kran ruht auf einer Plattform, die von fünf Achsen getragen wird, von denen vier zu einem Drehgestell vereinigt sind. Der Kran wurde geprüft mit 45 t an einem Hebelarm von 6 m, und mit 18,5 t an einem solchen von 12 m. [Engineering 1910, S. 201] W. Ueber die Kammerofen des Gaswerks Padua. Das neue Gaswerk in Padua ist die erste Anlage, in der in größerem Maße die Horizontalkammeröfen nach Klönne Anwendung gefunden haben. Die Anlage besteht aus einem Block von 16 Horizontalkammern, von denen jede 4 t Kohle in 24 Stunden vergast, so daß die Gesamtanlage 20000 cbm Gas in 24 Stunden produziert. Der Ofenblock ist in einer geräumigen, gut ventilierten Halle untergebracht, deren Dachkonstruktion gleichzeitig für die Aufhängung der Vorlagen, der Gas- und Teersammelrohre, zweier Hängebahnen für den Kohlentransport und der Bedienungsbrücken dient. Am Ende der Ofenhalle liegt der Kohlenbunker, der 80 t enthält. Von hier wird die Kohle mittels Hängebahnwagen, die je 2 t fassen, zu den Oefen gefahren. Zur Füllung einer Kammer sind also zwei Hängewagen nötig. Die 16 Kammern, aus denen der Ofenblock besteht, sind in zwei Oefen zu vier und in vier Oefen zu zwei Kammern untergebracht, so daß also im ganzen sechs Generatoren vorhanden sind. Die Kammern haben folgende Abmessungen: Länge etwa 6,0 m, Höhe etwa 2,2 m, Breite etwa 0,4 m. Jede ist an beiden Kopfseiten mit zwei Verschlüssen versehen, zur Füllung dienen zwei Fülltüren oben auf der Decke der Oefen. Der Koks wird mittels einer Maschine mit elektrischem Antrieb ausgestoßen und rutscht eine geneigte Löschbühne herunter. Zur Nachweisung der vom Konstrukteur gegebenen Garantien wurden nach zwei Monaten ordnungsmäßigen Betriebes Probeversuche gemacht, die folgendes Ergebnis hatten: Zu den Probeversuchen wurde frisch angekommene Holmsidekohle benutzt. Es waren 14 Kammern in Betrieb, die Versuche dauerten sieben Tage lang. Anzahl der chargierten Kammern 98 Gewicht der vergasten Kohle (Holmside)    ohne Abzug 389000 kg Durchschnittsfeuchtigkeit der Kohle 3 v. H. Entsprechendes Gewicht Trockenkohle 377261 kg Unterfeuerung (ohne Abzug) 61505 kg Durchschnittsfeuchtigkeit des Kokses 8,46 v. H. Unterfeuerung an Trockenkoks 56335 kg Erzeugtes Gas bei 6,7° mittl. Temperat.    und 762 mm Druck 126421 cbm Erzeugtes Gas, auf 15° und 760 mm um-    gerechnet 130584 cbm Erzeugtes Gas für die Kammer und Tag    (nicht umgerechnet) 1290 Erzeugtes Gas für die Kammer und Tag    (umgerechnet auf 15° und 760 mm. 1332 Gasausbeute für die Tonne Holmsidekohle    (Trockenkohle und Gas bei 15° und    760 mm) 346,13 Unterfeuerung für die Tonne vergaster Kohle: 158,11 kg (Kohle und Koks, wie sie fallen) 144,82 (Kohle, wie sie fällt und Trockenkoks). Unterer Heizwert im Durchschnitt 4822 WE f. d. cbm bei 0° und 760 mm Koksausbeute 75,9 v. H. (Böhm.) [Journ. für Gasbeleuchtung 1911, S. 105–110.] Dr. S. Maschine zum Prüfen der Zugfestigkeit von Metallen. In dem Polytechnikum zu Woolwich ist eine eigenartige Maschine in Gebrauch, mit welcher Materialien durch plötzlich angewandten direkten Zug geprüft werden. Die Maschine (s. Fig. 13) besteht aus einer gußeisernen Grundplatte, welche durch vier Säulen aus weichem Stahl von 75 mm und 1270 mm Länge mit dem gußeisernen Kopfstück verbunden ist. An dem Kopfstück ist eine nach unten ragende Führungsstange von 55 mm befestigt, auf der ein Fallgewicht A (Fig. 1 und 2) gleitet. Durch eine kleine Handwinde B mit Sperrauslösung kann das Gewicht A gehoben und frei fallengelassen werden. Das zu prüfende Stück D wird mit einem Ende unten an das freie Ende der mittleren Führungsstange geschraubt, während auf dem anderen Ende von D die kreisrunde Stoßplatte E ebenso befestigt wird. Das herabgleitende Gewicht A fällt auf diese Platte E und übt so einen plötzlichen, unmittelbar angreifenden Zug aus. Zwischen der Stoßplatte E und dem Ende der mittelbaren Führungsstange ist ein Distanzrohr angebracht; damit kein Spiel zwischen Führungsstange und Versuchsstück D sowie zwischen Stoßplatte E und Versuchsstück D eintritt und die Genauigkeit des Ergebnisses beeinträchtigt, wird die Stoßplatte beim Anschrauben so fest angezogen, daß das Distanzrohr gegen das Ende der Führungsstange gepreßt wird. Das Distanzrohr dient besonders auch dazu, die Stoßplatte in der richtigen Stellung für den Stoß zu halten, so daß nicht einseitige Beanspruchungen vorkommen. Das Gewicht A besteht aus Gußeisen, ist sauber abgedreht und ausgebohrt und wiegt 37,5 kg. Eine Klampe C aus Bronze kann um die Führungsstange geklemmt werden und hält das Gewicht A, welches durch Nut und Feder an Drehung auf der Führungsstange verhindert ist, in jeder Stellung fest. Die durch das Zerbrechen des Versuchsstückes verzehrte Energie kann auf zwei Arten festgestellt werden, durch Messen der Geschwindigkeitsänderung des fallenden Gewichts während des Bruchs des Versuchsstückes und auch durch Messen des Unterschieds zwischen der anfänglichen Potentialenergie und der verbleibenden kinetischen Energie des Gewichts nach dem Bruche des Versuchsstücks. Seitlich an dem Pfeiler ist ein Chronograph angebracht, der die Aenderung der Geschwindigkeit des fallenden Gewichts während des Bruchs des Versuchsstücks mißt. Eine Trommel 0 von 100 mm und 400 mm Länge wird durch das Fallgewicht und Räderübersetzung in schnelle Umdrehungen (750 i. d. Min.) versetzt; die Trommel ist mit geschwärztem Papier überzogen und am Fallgewicht ist ein Zeiger angebracht, welcher beim Vorbeigleiten des Gewichts an der Trommel dort eine Kurve verzeichnet. Ein besonderes Sperrwerk auf dem Fallgewicht drückt den Zeiger an das geschwärzte Papier an, sowie der Zeiger die Trommel G anfängt zu berühren, und ein anderes Sperrwerk schiebt ihn zurück, bevor das Gewicht auf den unteren Preßluftzylinder aufprallt, der als Stoßfänger dient. Textabbildung Bd. 326, S. 335 Fig. 1. Textabbildung Bd. 326, S. 335 Fig. 2. Textabbildung Bd. 326, S. 335 Fig. 3. Textabbildung Bd. 326, S. 335 Fig. 4. Um die Geschwindigkeit der Trommel zu messen, ist neben dem geschwärzten Papier ein elektrischer Vibrator angebracht, der auf 50 Schwingungen i. d. Sek. abgestimmt ist und auf dem geschwärzten Papier ebenfalls eine Kurve verzeichnet. Fig. 4 zeigt Kurven, welche während des Zerbrechens von zwei Versuchsstücken erhalten wurden. Die quer verlauf ende Kurve ist vom Vibrator während des Versuchs verzeichnet, und da jede vollständige Schwingung 1/50 Sek. dauert, kann die Geschwindigkeit der Trommel zur Zeit des Versuchs leicht berechnet werden. Die Linie Aa gibt die Geschwindigkeit des fallenden Gewichts an, gerade bevor es die Stoßplatte des Versuchsstücks erreicht; ab zeigt die Minderung der Geschwindigkeit des Gewichts während des auf das Versuchsstück ausgeübten Zuges bis zum Bruche desselben bei C und c d gibt die Geschwindigkeit nach dem Bruche an. Bei a hat das Gewicht eben die Stoßplatte berührt und bei c war der Bruch vollständig. [Engineering 1910, II, S. 860–861.] Renold. Versuche an Turbogeneratoren. (Fortsetzung von S. 237 d. Bd.) Versuche an einer 1000 KW-Turbine der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg hatten folgendes Ergebnis: Belastung: 1/1 ¾ ½ ¼ Leistung KW 1101 840 605 319 Dampfdruck v. d. Absperrventil at  abs. 12,9 12,9 13,0 13,2 Dampfdruck v. d. Düsen at abs. 11,9 12,1 12,1 10,4 Dampftemperatur°C 300 327 321 315 Vakuum am Dampfaustritt mm Hg. 722 722 728 725 Vakuum im Kondensator mm Hg. 725 725 729,5 725,5 Energieverbrauch der Kondensat-  pumpe KW 1,53 1,34 1,25 1,15 Energieverbrauch der Kühlwasser-  pumpe KW 31,1 30,1 29,8 29,12492 Dampfverbrauch i. d. Stunde 7218 5412 4185               „           für die KW/Stunde 6,55 6,44 6,92 7,81               „            „    „     „      „   auf 325° Dampftemp. umgerechnet 6,25 6,44 6,92 7,71 Garantierter Dampfverbrauch 6,65 7,03 7,63 9,2 Die Turbine lief mit 3000 Umdr; der Drehstromgenerator lieferte eine Spannung von 6000 V; die Erregermaschine verbrauchte 13,5 KW. Bei einer Gegendruckturbine von 750 bezw. 600 KW Leistung, System A. E. G.-Curtis, bei welcher Frischdampf von 10,5 at abs. und 250° C bei einem Gegendruck von 4 at abs. ausgenutzt wird, war garantiert bei einer Belastung 1/1 ¾ ½ ¼ Leistung KW 600 450 300 175 Dampfverbrauch f. d. KW.-Std. 31,8 32,9 35 70 Bei einem Versuch mit 305 KW-Leistung betrug der Dampfverbrauch 33,7 kg für die KW/Stunde. Der Dampfverbrauch wurde durch Messung der Speisewassermenge bestimmt; unsicher blieb dabei die Menge des für die Kesselspeisepumpe gebrauchten Dampfes. Schließlich folgen noch Ergebnisse von Versuchen an einer Abdampfturbine, die als außerordentlich günstig bezeichnet werden müssen in Anbetracht des geringen Anfangsdruckes, mit welchem diese Turbinen arbeiten. Für die indizierte Pferdestärke (auf eine Kolbenmaschine bezogen) wurden nur etwa 10 kg Dampf gebraucht. Bei den Versuchen wurden folgende Werte erreicht: Leistung an den Klemmen(Mittelwerte) KW 640 785 612 823 Tourenzahl i. d. Min 3020 3040 3009 3009 Dampfdruck vor dem Drosselventil    at abs. 1,05 1,25 1,07 1,24 Druck am Abdampfstutzen at abs. 0,059 0,065 0,049 0,046 Vakuum am Abdampfstutzen v. H. 94,3 93,8 95,3 95,4 Dampfverbrauch für die KW/Std. kg 14,8 14,8 14,5 12,1 Theoretischer Dampf verbrauch kg 8,7 8,4 8,1 7,7 Thermischer Wirkungsgrad 59,0 60,6 56,0 64,0 (Hilliger.) [Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbetrieb 1911, S. 117–118.] M. Das größte Staubecken Europas. Der vom preußischen Staate unternommene Bau einer Talsperre bei Hemfurth im Edertale wird das größte Staubecken Europas liefern. Es handelt sich um den Abschluß eines Niederschlagsgebietes von 1430 qkm Fläche, dessen mittlere jährliche Abflußmenge 503000000 cbm und dessen Abflußmenge im Mittel 0,8 bis 1,0 cbm i. d. Sek. beträgt. Durch eine Sperrmauer von annähernd 600 m Länge und 41,6 m Höhe über der Talsohle soll hier ein Stausee gebildet werden, dessen Wasseroberfläche 12000000 qm groß bei 25 km größter Länge und dessen Wasserinhalt 202000000 cbm betragen soll. Der Bau der Sperrmauer ist im Jahre 1909 begonnen worden und erfordert einen Kostenaufwand von 6800000 M. Als Baumaterial werden Bruchstein und Traßmörtel verwendet. Die Mauer, deren größte Höhe, vom Fundament aus gemessen, 48,6 m betragen wird, erhält auf der Wasserseite einen 5 m tief unter die Talsohle hinabgeführten Sporn aus Stampfbeton zum Schutz gegen Unterspülungen. Außerdem wird sie durch einen Lehmschlag von 1 m Dicke und 30 m Höhe, sowie durch einen 75 cm dicken Verputz abgedichtet. Auf der entgegengesetzten Seite wird durch Anlage von Drainröhren für die Entwässerung der Mauersohle Sorge getragen. Der Inhalt der Staumauer beträgt 300000 cbm. Zur Regelung des Abflusses dieser Talsperre werden in den Fuß der Staumauer acht schmiedeeiserne Rohrleitungen von je 1350 mm lichter Weite eingebaut, welche mit Absperrschiebern versehen sind. Außerdem werden zwei je 2000 mm weite Turbinendruckrohre angelegt, welche die Ausnutzung der 5000 PS betragenden Wasserkraft ermöglichen sollen. Außer den erwähnten acht Abflußleitungen, welche mit dem 152,45 m langen Ueberfall an der Krone 900 cbm i. d. Sek. abzuführen gestatten, werden 14 Notauslässe angelegt, welche in Wirksamkeit treten, wenn das Wasser bis zu 9,82 m unter der Mauerkrone gestiegen ist. Die Talsperre ist in der Hauptsache als Hochwasserschutz gedacht. Ihr Betrieb soll daher so geregelt werden, daß sie zur Zeit des Hochwassers 30000000 cbm Raum zur Wasseraufnahme bietet. Einen erheblichen Teil der etwa 17000000 M betragenden Gesamtkosten der Anlage machten die Grundablösungen aus, da die Dörfer Berich, Beringhausen und Asel ganz angekauft werden mußten. [Oesterr. Zeitschrift für den öffentl. Baudienst 1910, S. 92] H.