Titel: Flüssige Brennstoffe.
Autor: Hans Czerny
Fundstelle: Band 336, Jahrgang 1921, S. 113
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Flüssige Brennstoffe. Von Hans Czerny, Ingenieur. CZERNY, Flüssige Brennstoffe. Durch den fortdauernden erdrückenden Mangel an hochwertigen festen Brennstoffen, bedingt durch das Abkommen von Spaa bezw. dessen unglückliche Wirkungen, haben sich sehr viele Besitzer von Dampfkesseln und von industriellen Ofenanlagen der Verfeuerung minderwertiger, sogenannter Abfallbrennstoffe, wie Rohbraunkohle, Torf, Schlammkohle, Briketts, Kohlengrus, Koksabfälle, Holz usw. zugewandt, und diese Ersatzbrennstoffe werden dann meist durch Anwendung von „Unterwind“ verfeuert. Der verhältnismäßig geringe Wärmewert, bezw. der zum Teil reichlich hohe Wassergehalt dieser Brennmaterialien zwingt viele Betriebe, während der Zeit erhöhter Inanspruchnahme der Anlagen, zur Steigerung des Wärmeeffektes, hochwertige Brennstoffe und zwar hauptsächlich solche flüssiger Natur zusätzlich durch das Einspritzverfahren zu verfeuern. Der Verbrennungsvorgang ist bei flüssigen Brennstoffen weit einfacher als bei festen. Letztere müssen erst durch den bereits glühenden Brennstoff entgast und auf Entzündungstemperatur erhitzt werden, wodurch starke Schwankungen in der Wärmeabgabe der Feuerung eintreten, die sich besonders dann störend erweisen, wenn plötzlich hohe Leistungen von der Feuerungsanlage verlangt werden. Dieser Nachteil kommt bei der Verfeuerung flüssiger Brennstoffe nicht vor, und diese passen sich den Belastungsschwankungen der Anlage, sowohl nach oben als auch nach unten, sehr leicht an. Die Bedeutung der Teerprodukte hat in den letzten Jahren zur zusätzlichen Befeuerung in unserer Industrie außerordentlich zugenommen. In allererster Linie kommen in Deutschland hierfür die Steinkohlenteerprodukte in Frage, die aus dem Kokerei- und Gasanstaltsteer, dem Rohteer, von den heimischen Teerdestillationen aus seinen höher siedenden Teilen seit Jahren laufend und in ständig größeren Mengen als Nebenprodukte gewonnen werden, und auf die verschiedenste Weise zur Dampf- und Wärmeerzeugung in allen Industriekreisen in Anwendung sind. Hauptsächlich aber kommen nachstehende Produkte zur Verfeuerug und zwar: Reines dünnflüssiges Steinkohlenteeröl ohne Pechzusatz, gestrecktes dünnflüssiges Steinkohlenteeröl mit Pechzusatz und fernerhin noch mittelflüssige Steinkohlenteerheizöle. Der Wärmeeffekt des dünnflüssigen reinen Steinkohlenteeröls liegt bei etwa 9000 Kalorien, sein Wassergehalt beträgt höchstens 1 v. H. Ein Tropfen dieser Ware, die handelsüblich ohne Pechzusatz geliefert wird, verursacht auf Filtrierpapier einen braunen Fleck mit grünlichem Rand. Die Farbe dieses Produktes ist braun. Gestrecktes dünnflüssiges Steinkohlenteeröl, welches mit einem Pechzusatz von höchstens 20 v. H. gehandelt wird, besitzt einen unteren Wärmewert von etwa 8500 bis 9000 W. E. und einen Wassergehalt von höchstens 2 v. H. Auch dieses Oel wird durch Auftropfen auf Filtrierpapier untersucht; es muß einen schwarzpunktierten dunkelbraunen Fleck mit grünlichem Rand ergeben. Die Farbe der Ware ist dunkelbraun bis schwarz. Um bei diesem Heizöl eine restlose Entleerung der Kesselwagen und Transportfässer zu erreichen, empfiehlt es sich, diese vorher etwas anzuwärmen. Die deutsche Marine hat während des Krieges große Mengen dieses Heizöls mit den allerbesten Erfolgen verfeuert. Mittelflüssiges Steinkohlenteerheizöl ist ein Brennstoff von konsistenter, salbenartiger Beschaffenheit, dessen unterer Heizwert nur unwesentlich geringer ist als derjenige wirklich dünnflüssiger Ware. Zum Zwecke der Düsenverfeuerung muß es im Oelvorratsbehälter durch eine eingebaute Heizrohrschlange auf eine Temperatur von etwa 30–40° C vorgewärmt bezw. gehalten werden, wodurch es vollständig dünnflüssig bleibt. Durch eine etwas höhere Erwärmung des Oeles auf etwa 60–70° C wird eine gewisse Lockerung der Atome und damit eine bessere Zerstäubung derselben erreicht. Außer vorgenannten Teerheizprodukten finden im Feuerungswesen Steinkohlenteerpech, springhart, Rohnaphtalin und Anthrazenrückstände noch weitgehendste Verwendung. Stein- und Braunkohlenteerpech, Naphtol-, Holz- und Petroleumpech kommen in letzer Zeit weniger für Heizzwecke in den Handel. Außer diesen Produkten sind als flüssige Brennstoffe noch Gas-, Treib- und Mineralöle mit guten Erfolgen zur Anwendung gekommen. Vollständig unzweckmäßig und durch gesetzliche Verordnung verboten ist die Verfeuerung von Rohteer verschiedenster Art, und zwar hauptsächlich infolge des vollen Gehalts an hochwertigen Bestandteilen, die erst bei der Destillation gewonnen und darnach verfeinert werden. Wie schon Eingangs erwähnt, werden die Teerheizprodukte im Einspritzverfahren mittels Oelbrennern unter Dampfkesseln oder industriellen Feuerungsanlagen verbrannt. Man zerstäubt sie in feinste Atome, um ihnen eine möglichst große Oberfläche zu geben und um die zur restlosen Verbrennung erforderliche Luft bequem zuführen zu können. Ein Kilogramm Heizöl verbraucht bei einer Wärmegüte von 9000 W. E. etwa 12 cbm Luft, d.h. es verbraucht, um restlos verbrennen zu können, etwa 12000 mal soviel Raumluft als es selbst Raum einnimmt. Bei Berechnung der Wirtschaftlichkeit gegenüber festen Brennstoffen, sind – wenn andere Gesichtspunkte nicht noch besonders für die Oelfeuerung mitsprechen –, die reinen Brennstoffpreise in Rechnung zu stellen. Die gegenwärtig für die Verfeuerung zur Verfügung stehenden festen Brennstoffe von etwa 4500 W. E., geben bei einem Wirkungsgrade von ca. 50 v. H. nur 2250 W. E. an den Kessel ab, das Heizöl mit 9000 W. E. und bei 85 v. H. Wirkungsgrad dagegen etwa 7650 W. E. kg. Daher darf das Preisverhältnis von ersteren zu Oel wie 2250 zu 7650, oder rund wie 1 zu 3½ sein. Das Heizöl wird bei der Verfeuerung mittels Oelbrenner durch Ventilatorwind oder Dampf auf das feinste zerstäubt, innig mit der zugeführten Verbrennungsluft vermischt und mit hoher Austrittsgeschwindigkeit in den Verbrennungsraum geschleudert, wo es mit ruß- und rauchfreier Flamme restlos verbrennt. Diese Art der Verfeuerung von flüssigen Brennstoffen ist nach dem heutigen Stand der Oelfeuerungstechnik wirtschaftlich und angenehm, und wird am meisten in der Praxis zur Anwendung gebracht. Die Verwendung des Heizöls durch Uebergießen der lagernden Kohle oder durch schaufelweises Hineinwerfen in die Feuerung ist vollständig unwirtschaftlich. In dem Augenblick, wo große Mengen Heizöl unzerstäubt in die Feuerung gelangen, tritt eine plötzliche, und unvollständige Verbrennung unter starker Rauchentwickelung ein. Ein großer Teil des dünnflüssig gewordenen Heizöls tropft auch noch unverbrannt durch den Rost in den Aschfallraum und ist für den beabsichtigten Zweck vollständig verloren. Um das Heizöl wirklich wirtschaftlich zu verfeuern, ist es ratsam, sich mit einem Spezialunternehmenin Verbindung zu setzen, das infolge seiner vielseitigen Sondererfahrungen in der Lage ist, eine einwandfrei arbeitende Oelfeuerungsanlage zu erstellen. Der wesentlichste Teil jeder derartigen Anlage ist der Oelbrenner bzw. Zerstäuber, von dessen sachgemäßer Konstruktion in allererster Linie die betriebssichere Wirkungsweise der ganzen Anlage abhängt. Hauptbedingung jeden Luft- oder Dampfzerstäubers ist, daß er das Heizöl auf das kleinste zerstäubt, mit der ihm zugeführten Verbrennungsluft innig vermischt, und daß er eine leichte Regelung der Oel- und Luft-, bzw. Dampfzufuhr gestattet, sowie im Bedarfsfalle in seine Einzelteile schnellstens zerlegt werden kann, ohne die Rohrleitungsanschlüsse selbst zu lösen. Textabbildung Bd. 336, S. 114 Abb. 1. Die Feuerungstechnik G. m. b. H. Ludwigshafen am Rhein bringt außer einem Dampfzerstäuber noch einen Niederdruck-Oelbrenner auf den Markt, der so durchgebildet ist, daß er allen in dieser Hinsicht gestellten Anforderungen entspricht. Außer der sorgfältigen Zerstäubung und restlosen Verbrennung des ihm zufließenden flüssigen Brennstoffs bietet der in Abb. 1 veranschaulichte Apparat den Vorteil, daß Heizöl und Luft durch 1 ein einziges Handrad in weitesten Grenzen leicht geregelt werden kann, wodurch die Möglichkeit besteht, die Größe und Stärke der Flamme und damit die Temperaturhöhe den gewünschten Verhältnissen schnellstens anzupassen. Die Innenarmatur dieses Oelbrenners ist, wie in Abb. 2 ersichtlich, nach Lüften einer einzigen Bügelschraube in wenigen Augenblicken herausnehmbar, und kann im Bedarfsfalle nachgesehen und bequem gereinigt werden. Betriebsstörungen, hervorgerufen durch verunreinigtes Heizöl, werden durch die Konstruktionsvorzüge dieses Brenners vollständig vermieden. Textabbildung Bd. 336, S. 114 Abb. 2. Durch die besondere Bauart des Zerstäubers wird das zufließende Heizöl in denkbar kleinste Teilchen zerrissen, schon vor der Verbrennung innig mit Luft vermischt, und mit Rechtsdrall und hoher Geschwindigkeit in den Verbrennungsraum geschleudert. Das nebelförmige Oelluft-Gemisch wird dann von der durch den äußeren Ringspalt mit Linksdrall austretenden zusätzlichen Verbrennungsluft erfaßt, erneut durchquierlt, mit einem Luftpolster umgeben und verbrennt, unter Vermeidung jeglicher Stichflammenbildung, mit heller rauch- und rußfreier Flamme. Außer hohen Verdampfungsziffern ergibt der in Abb. 3 im Schnitt ersichtliche Apparat, da er mit nahezu theoretischem Luftbedarf arbeitet, auch höchste Flammentemperaturen und ist zur Beheizung von Dampfkesseln und von industriellen und gewerblichen Oefen aller Art geeignet. Die Verfeuerung flüssiger Brennstoffe bietet folgende Vorteile: Bequemer Transport und Lagerung des flüssigen Brennstoffs bei geringem Platzbedarf, einfaches und rasches Anheizen der Feuerung, leichte Regulierbarkeit der Flammenstärke und damit der Temperaturhöhe, restlose Ausnützung der Heizkraft des flüssigen Brennstoffs und Wegfall der Asche- und Schlackabfuhr. Die zur Verfeuerung gelangenden Steinkohlenteeröle haben auch keinerlei erhöhte Feuergefahr, sei es in der Lagerung sei es im Verbrennen, im Gefolge. Der Entzündungspunkt liegt bei allen diesen Produkten viel zu hoch (Entflammpunkt über 100° C) und deren Lagerung ist auch in jedem bewohnten Hause von seiten der Behörden gestattet. Steinkohlenteeröl hat ein spezifisches Gewicht von etwa 1,1 und läßt sich im Entzündungsfalle leicht mit Wasser löschen. Die Verfeuerung flüssiger Brennstoffe ist ein Gebiet, das seit jeher das ganze Interesse aller Beteiligten erregt hat. Durch die restlose Ausnützung der Heizkraft der flüssigen Brennstoffe ist deren Verfeuerung ein großer wirtschaftlicher Fortschritt, und darf wohl aus diesem Grunde mit Recht behauptet werden, daß die Oelfeuerung die Feuerung der Zukunft sein wird, zumal die Kohle, das bisher hochwertigste feste Verbrennungsprodukt für uns, allmählich die Seltenheit und Kostbarkeit der Diamanten, mit denen sie stets in Vergleich gebracht wird, erreicht hat. Seit langem sind auch Versuche im Gange, durch die Kohle, und zwar durch Anreicherung mit Wasserstoff oder durch Aufschließung mittels Ozon und schwefliger Säure usw. verflüssigt werden soll. Textabbildung Bd. 336, S. 115 Abb. 3. Sind auch diese Arbeiten noch nicht zur Durchführung in fabriksmäßigem Maßstab gelangt, so sind sie doch sehr wichtige Staffeln auf dem Wege der Verflüssigung unserer festen Brennstoffe.