Titel: Statische Untersuchung einer Kranbrückenstütze mit Hilfe von Einflußlinien für beliebig gerichtete Lasten.
Autor: J. M. Bernhard
Fundstelle: Band 340, Jahrgang 1925, S. 63
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Statische Untersuchung einer Kranbrückenstütze mit Hilfe von Einflußlinien für beliebig gerichtete Lasten. Von J. M. Bernhard, München. BERNHARD, Stat. Untersuchung einer Kranbrückenstütze m. Hilfe von Einflußlinien f. beliebig gericht. Lasten. In den letzten Jahrzehnten hat sich im Eisenbau die. Praxis immer mehr eingebürgert, Eisenkonstruktionen mit den höchst zulässigen Beanspruchungen für die maximalen Belastungen und ungünstigsten Belastungslagen zu berechnen und so eine höhere Sicherheit zu erzielen, als bei den früheren oberflächlichen Berechnungen mit den damals gebräuchlichen minimalen spezifischen Spannungen der Fall war. Einen ganz besonderen Vorteil bringt diese Methode allen Eisenkonstruktionen, die durch Motoren bewegt werden sollen, wie dies im Kranbau fast immer der Fall ist. Hier hat die volle Ausnutzung des zur Verwendung kommenden Materials (zweckentsprechende Dimensionierung der Hauptabmessungen, Lage und Kombination der Profileisen usw.) nicht nur den Vorzug geringerer Materialkosten, sondern vor allem den Vorteil, daß die zur Verwendung kommenden Motoren (kleinere Windfläche und Gewicht) wesentlich schwächer gehalten werden können und so allein schon durch die Stromersparnis eine größere Wirtschaftlichkeit garantiert wird. Es wäre also wohl zu empfehlen, die neuesten Methoden der Statik und Festigkeit im Kranbau anzuwenden. Es möge mir deshalb gestattet sein, an einem Beispiel dies hier zu zeigen. Dieses habe ich aus meinem Werk: Verlade- und KranbrückenDas Werk erscheint demnächst im Verlag von R. Oldenbourg München. Darin sind die Brückenkrane in zwei ausführl. Beispielen behandelt, Und der Nachweis erbracht, daß unbestimmte Systeme gegenüber bestimmten wesentl. leichter und wirtschaftlicher sind. entnommen. Es handelt sich hier um die wasserseitige Stütze einer Kranbrücke von 180 m Gesamtlänge. Da dieselbe durch Wind, Eigengewicht, Bremskräfte usw. mit erheblichen Kräften belastet wird, so ist hier eine genauere statische Untersuchung, die übrigens ebenso schnell zum Ziele führt, am Platze. Die Stütze mit unterem Zugband wird als Dreigelenkbogen aufgefaßt und mit Hilfe von Einflußlinien für vertikale und horizontale Lasten berechnet, wie dies auch bei Bahnhofhallen sich als vorteilhaft erwiesen hat. Da die in den Hauptträgern laufende Katze einen drehbaren Ausleger erhält und die Raddrucke links und rechts je nach Stellung des Auslegers um 100 %verschieden sind, auch der Wind Vertikalkräfte im Träger erzeugt, so sind zunächst die Einflußlinien für vertikale Lasten in bekannter Weise gezeichnet. Sie ergeben einen Ueberblick, welche Auslegerstellung und Windrichtung für den fraglichen Stab die ungünstigsten sind. Textabbildung Bd. 340, S. 63 Abb. 1. Die wasserseitige Kranbrückenstütze. Die Einflußlinien geben ferner noch einen Einblick in die Verteilung der inneren Kräfte. In Abb. 1 a) ist die Stütze schematisch dargestellt. Abb. 1 b) gibt den Kräfteplan für eine Last Va = 1 t. Die sich hieraus ergebenden Stabspannungenwerden; mit S4 bezeichnet. Es sind nun noch die Stabkräfte für eine Last P = 1 im Scheitel c zu bestimmen. Va wird infolgedessen ½ t und H\,a=\frac{M\,o\,g}{f}=\frac{1\,l}{4\,f}=0,25\mbox{ t (Da l=f)} Der Kräfteplan Fig. 1 c) aus Ha = 0,25 t ergibt die Stabspannungen S2. Textabbildung Bd. 340, S. 64 Abb. 2. Einflußlinien für die Momente für vertikale Kräfte. Die aus der Last P = 1 im Scheitel c sich ergebenden Stabkräfte sind dann nach der Formel zu berechnen: Sg = ½ S1 + S2 An Hand dieser Werte können nun die Einflußlinien in Abb. 3 und 4 genau aufgezeichnet werden. In Abb. 2 sind noch die Einflußlinien für die verschiedenen Momente aufgerissen. In Abb. 5 ist die Konstruktion der Einflußlinien für horizontale Kräfte zu ersehen, die ohne jede Rechnung sofort gezeichnet werden können. Die Entwicklung derselben möchte ich in Fig. 6 an einem einfachen Dreigelenkbogen zeigen: Die Einflußlinien für Ha, Hb und Va, Vb in Fig. 6 b) und c) sind ohne weiteres verständlich. Die Grenzwerte für eine von a nach c wandernde Last, welche von außen von links nach rechts wirkt, sind: für h = o Ha = 1 Hb = o Va = Vb = o h = f Ha = ½ Hb = ½ Va=Vb\,\frac{1\,f}{l}-z Wirkt die Last P = 1 wie oben, jedoch von rechts nach links Fig. 6a1, so sind die Grenzwerte: für h = o Ha' = o Hb' = 1 Va' = Vb' = o h = f Ha' = ½ Hb' = ½ Va'=Vb'\,\frac{1\,f}{l}-z Textabbildung Bd. 340, S. 64 Abb. 3. Einflußlinien der Stabspannungen für vertikale Kräfte. Es bezeichnen nun in der Folge: 1. M'' ma das Moment, erzeugt von einer Last P = 1, die von außen und von links wirkt und zwar oberhalb m. 2. M' ma das Moment, erzeugt von einer Last P = 1, die von außen und von links wirkt, jedoch unterhalb m. 3. M mb das Moment, erzeugt von P = 1, die von außen und von rechts wirkt. Textabbildung Bd. 340, S. 65 Abb. 4. Einflußlinien der Stabspannungen für vertikale Kräfte. Textabbildung Bd. 340, S. 65 Abb. 5. Einflußlinien für horizontale Kräfte nach dem Verfahren von Dr.-Ing. F. Kögler.S. a. Beitrag zur Berechnung von Bogendächern von Professor Dr. Ing. F. Kögler (Eisenbau Nr. 8 1912, Engelmann, Leipzig) sowie seine Dr.-Dissertation: Einflußlinien für bel. ger. Lasten. Es ist dann: 1. Das Moment M'' ma = Ha • y – Va • x (s. Abb. 6a1) Grenzwerte für h = o M'' ma = 1 • y – o • x = y h = f M'' ma = ½ • y – α • x 2. M'\,m\,a=+H\,b\,(f-y)+V_b\,(\frac{1}{2}-x) (s. Fig. 6a1) Grenzwerte für h = o M' ma = o h = f \begin{array}{rcl}M'\,ma&=&+1/2\,(f-y)+\alpha\,(\frac{1}{2}-x)\\ &=&+1/2\,y+\alpha\cdot x^1\end{array} 3. Mmb. = + Va'x – Ha' • y Grenzwerte für h = o M mb = o (s. Fig. 6a2) h = f M mb = + α • x – ½ • y Es läßt sich nun noch leicht beweisen, daß die beiden zuerst berechneten Momente für h = y gleich sind; ebenso, daß M'' ma für h – h0 gleich Null wird. Die obigen Grenzwerte sind in Abb. 6 d) e) f) aufgetragen und durch Gerade verbunden. Abb. 6 d) e) f) stellen deshalb die Einflußlinien der Momente in m dar, wobei zu beachten, daß die Einflußlinie für M'' ma von a bis m, diejenige für M'' ma nur von m bis c gilt. In Abb. 6 g) sind die Einflußlinien zusammengestellt. Hat man nun die verschiedenen Einflußlinien gezeichnet, so kann man schnell die aus den drei Belastungsfällen sich ergebenden Stabspannungen berechnen. Die 3 Belastungsfälle sind: 1. Brücke im Betrieb Wind 50 kg/qm 2. Brücke außer Betrieb Wind 150 kg/qm 3. Brücke noch bei 250 kg/qm Wind standsicher. Durch Multiplikation der Lasten mit den Ordinaten der Einflußlinien erhält man die Momente für die betr. Knotenpunkte resp. die Spannungen für den fraglichen Stab. Noch zu erwähnen ist, daß dieses Verfahren auch für statisch unbestimmte Systeme gilt; beispielsweise hätte der Bock auch als Zweigelenkbogen berechnet werden können (s. Abb. 7). Die Teilung von P-horizont. in Ha und Hb erfolgt dann nach der Elastizitätsgleichung δa = P . δam – Ha • δaa = o In Fig. 7 a) habe ich nun einen Kräfteplan aus Ha = – 1 konstruiert und die Werte S1 sowie \frac{S_1\,s}{E\,F} berechnet (s. Tabelle 1), mit deren Hilfe den Verschiebungsplan (Fig. 7e) gezeichnet. An Hand der in Abb. 7e eingetragenen Verschiebungen konnten dann die verschiedenen Werte für Ha berechnet werden. Textabbildung Bd. 340, S. 66 Abb. 6. Einflußlinien für horizontale Kräfte an einem einf. Dreigelenkbogen. Wir haben dann H\,a=P\,\cdot\,\frac{\delta_{am}}{\delta_{aa}}=1\,\cdot\,\frac{\delta_{am}}{\delta_{aa}} u. nach Maxwell H\,a=1\,\cdot\,\frac{\delta_{ma}}{\delta_{aa}} H\,b=\frac{\delta_{mb}}{\delta_{bb}} Da der Bogen symmetrisch, wird H\,a=H\,b-\frac{P}{2}-1/2                                                      d.h. für h = f Die Grenzwerte sind für h = o Ha = 1 Hb = o h = f Ha = ½ Hb = ½ Also genau wie bei Dreigelenkbogen. Deshalb müssen logischer Weise die Grenzwerte für die Einflußlinien für die Momente mit denjenigen für den Dreigelenkbogen übereinstimmen. Textabbildung Bd. 340, S. 66 Abb. 7. Einflußlinien für horizontale Kräfte an einem Zweigelenkbogen. Um die Einflußlinien für die Momente zu finden (s. Fig. 7), wurden zunächst diejenigen für einen Dreigelenkbogen gezeichnet, die Differenzen dann nach der Formel dη • y berechnet. Zum Schluß kann dann noch die H-Linie für vertikale Lasten mit Hilfe der w-Gewichte \left(\frac{s\,\cdot\,y}{r^2}\right) aufgezeichnet werden. Die Einflußlinien für vertikale Lastenfür den Zweigelenkbogen können dann ebenfalls gezeichnet werden. Zusammenfassung. Die statische Untersuchung einer Auslegerkranbrückenstütze mit Hilfe von Einflußlinien für vertikale und horizontale Lasten gibt ebenso schnell, wie die Berechnung mit Cremonaplänen, jedoch wesentlich genauere Resultate; sowie Einblick in die Verteilung der inneren Kräfte.