Titel: Großraum-Luftheizung mittels Abgasausnutzung.
Autor: Otto Brandt
Fundstelle: Band 341, Jahrgang 1926, S. 225
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Großraum-Luftheizung mittels Abgasausnutzung. Von Oberingenieur Otto Brandt, Charlottenburg. BRANDT, Großraum-Luftheizung mittels Abgasausnutzung. Der Wärmebedarf zur Beheizung neuzeitlicher Fabriken und Hallenbauten ist infolge ihrer großen Fenster- und Oberlichtflächen und der verhältnismäßig leichten Bauweise bekanntlich sehr groß. Die Wahl des Heizmittels für derartige Großraum-Heizungs-Anlagen ist namentlich bei den heutigen beschränkten Betriebsmitteln von größter wirtschaftlicher Bedeutung. Gut geleitete Industriebetriebe wenden sich deshalb immer mehr der Abwärme-Ausnutzung für Großraumheizung zu. Wertvolle Abwärmequellen für diese Zwecke sind neben dem Abdampf von Betriebsmaschinen die heißen Abgase von Dampfkessel- und Lokomobilanlagen oder die Abgase von Industrieöfen mit 450° C und mehr Abgastemperatur. Industrieöfen, welche sich mit Großraum-Heizungsanlagen mit Abgasausnutzung verbinden lassen, sind unter anderem Glasöfen, Porzellanöfen, Trockenöfen, Glühöfen, Hochöfen usw. In den abziehenden Gasen dieser Industrieöfen sind derartige große Abwärmemengen enthalten, daß schon mit den Abgasen eines Ofens sich ziemlich große Räume beheizen lassen; denn beispielsweise bei Glasöfen enthalten die von jedem Ofen in der Stunde abziehenden Abgases etwa 500000 bis 1600000 WE; ähnlich liegen die Verhältnisse bei Dampfkesselfeuerungen, wo häufig die in den abziehenden Abgasen enthaltenen Wärmemengen 400000 WE und mehr betragen. In den Fällen, in denen neben Abgaswärme außerdem noch Vakuum- oder Abdampf vorhanden ist, kann dieses mit einer niedrigen Temperatur verfügbare Heizmittel in einem Dampflufterhitzer, beispielsweise zur Vorwärmung der Heiz- bzw. Trockenluft benutzt werden, während alsdann die Abwärme der mit höheren Temperaturen vorhandenen Abgase zweckmäßig die Aufwärmung der vorgewärmten Luft auf die gewünschte Endtemperatur übernimmt. Die wesentlichen Bestandteile einer Großraumheizungsanlage mittels Abgasausnutzung sind der Abgas-Taschenlufterhitzer, der Zentrifugalventilator zur Fortbewegung der Warmluft und die Warmluftverteilungsleitung. Im folgenden ist kurz ein Ueberblick über die Konstruktion der vorgenannten Abgas-Taschenlufterhitzer gegeben, wobei ich Ausführungen der Abwärme-Ausnutzung und Saugzug G. m. b. H. „ABAS“, Berlin W 57, zugrunde lege. Textabbildung Bd. 341, S. 225 Abb. 1. Ansicht eines Abgas-Taschenlufterhitzers. Textabbildung Bd. 341, S. 225 Abb. 2. Anordnung einer Abgas-Taschenlufterhitzeranlage zur Erzeugung von Warmluft. In Abb. 1 ist die Ansicht eines Abgas-Taschenlufterhitzers zur Erzeugung von Warmluft aus Abgasen von Feuerungen, Oefen oder aus Auspuffgasen von Großgasmaschinen für Heizungs-, Trocknungs- und Entnebelungsanlagen wiedergegeben, während Abb. 2 die schematische Anordnung einer Abgas-Taschenlufterhitzer-Anlage mit Zentrifugal-Ventilator zeigt. Das Prinzip dieser Abgas-Taschenlufterhitzer beruht darauf, daß der vorgeschaltete Zentrifugal-Ventilator Luft ansaugt und diese in dünnen Schichten durch die Taschen des Lufterhitzers drückt. Der Abgasstrom durchströmt die Hohlräume zwischen den Lufttaschen in der dem Luftstrom entgegengesetzten Richtung. Die den Lufttaschen an dem einen Ende mittels des Ventilators zugeführte Luft wird hierbei im Wärmeaustausch erwärmt und verläßt dann den Abgas-Taschenlufterhitzer an dem anderen Ende. Die Fortleitung der aus der Abgaswärme gewonnenen Warmluft nach den zu beheizenden Räumen oder Trockenvorrichtungen erfolgt im allgemeinen durch Blechrohrleitungen, kann jedoch auch durch Kanäle erfolgen. Textabbildung Bd. 341, S. 226 Abb. 3. Schornstein mit direkten Saugzug. Die Rauchgase treten nach Verlassen des Lufterhitzers entweder in den Sockel eines gemauerten Schornsteines oder in den Abzugsschlot einer Saugzuganlage. Um eine weitgehende Ausnutzung von Abgasen im Interesse der Brennstoffersparnis, erzielen zu können, empfiehlt es sich bei dem Einbau eines Abwärmeverwerters zur Erzeugung von Warmluft für Heiz- und Trockenzwecke eine Saugzuganlage anzuwenden. Durch diese Maßnahme ist man in der Lage, bei vorhandenen gemauerten Schornsteinen oder bei Neuanlagen aus Abgasen von 200° bis 250° C oder auch noch darunter erhebliche Wärmemengen zurückzugewinnen, sodaß auch bei diesen Anlagen der an sich geringe Kraftbedarf der Saugzuganlage bei weitem aufgewogen wird. Bei Anwendung von natürlichem Zuge mittels eines gemauerten Schornsteines ist dagegen eine so weitgehende Ausnutzung der Abgase wie bei einer Saugzuganlage nicht möglich, da beim Schornsteinzug die Wärme der Abgase die bewegende Kraft ist, welche die Verbrennungsluft durch den Rost, die Kohlenschicht und Zugkanäle befördert, weshalb die Abgase in dem Schornstein eine relativ hohe Temperatur besitzen müssen. Aus diesem Grunde ist man deshalb bei natürlichem Zuge durch einen gemauerten Schornstein hinsichtlich Saugwirkung und der damit verbundenen Wirksamkeit der betreffenden Feuerungsanlage von der Temperatur der abziehenden Abgase, von der Witterung, dem Barometerstand und der Windrichtung abhängig. Bei Anwendung einer Saugzuganlage dagegen ist man. von Witterungseinflüssen vollkommen unabhängig, denn beispielweise bei einer direkt wirkenden ABAS-Saugzuganlage zur Zugverstärkung eines vorhandenen Schornsteines nach Abb. 3 oder bei einer Neuanlage nach Abb. 4 saugt ein Spezialventilator die Abgase unter Ausnutzung des natürlichen Schornsteinzuges ab. Textabbildung Bd. 341, S. 226 Abb. 4. Saugzuganlage mit schmiedeeisernem Abzugsschlot. Textabbildung Bd. 341, S. 226 Abb. 5. Fabrikhalle, beheizt durch ABAS-Abgas-Taschenlufterhitzer. Die Beheizung einer vom Abgas-Taschenlufterhitzer weiter entfernt gelegenen Fabrikhalle zeigt Abb. 5. Bei dieser Fabrikhalle erfolgt die Beheizung in der Weise, daß die im Abgas-Taschenlufterhitzer erzeugte Warmluft in einer in einem unterirdischen Kanal verlegten Rohrleitung nach der Verwendungsstelle fortgeleitet wird. An diese unterirdisch verlegte Warmluft-Rohrleitung schließt eine Steigerohrleitung an, von welcher die Verteilungsrohrleitungen abzweigen, die eine Reihe Fallstränge mit perforierten Warmluftausblasestutzen besitzen. Eine weitere Anwendung eines Abgas-Taschenlufterhitzers für eine Großraum-Luftheizung zeigt die Heizungszentrale Abb. 6. Bei dieser Anlage handelt es sich um die Ausnutzung der Abgase von mehreren Industrieöfen. Um eine Betriebsreserve für die Heizung zu haben, bei einem Stillstand der Industrieöfen oder zur Unterstützung der Heizwirkung des Abgas-Taschenlufterhitzers von einer Million WE je Stunde bei starker Kälte, ist dieser mit einem Dampflufterhitzer kombiniert. Um die Abführung der für die Heizung ausgenutzten Abgase der Industrieöfen und die der Dampfkesselanlage sicherzustellen, wurde der vorhandene Schornstein mit einer unmittelbar wirkenden Saugzuganlage ausgerüstet. Textabbildung Bd. 341, S. 227 Abb. 6. Heizungszentrale einer Großraum-Luftheizung, betrieben durch Abgas-Taschenlufterhitzer und Abdampflufterhitzer. Die Anordnung des Saugzugventilators a, des Rauchgas-Taschenlufterhitzers b, des Dampflufterhitzers c, des Heizventilators d, des Warmluftkanals e, des Kondenswasser-Sammelbassins f, der Rückspeisepumpe g und der Dampfturbine h zum Antrieb des Heizungsventilators d bei dieser Abgas-Ausnutzungsanlage ist aus Figur 3 ersichtlich. Ueber die Anordnung und Arbeitsweise dieser Anlage ist folgendes zu bemerken: Der Saugzugventilator a saugt die im Abgas-Taschenlufterhitzer b ausgenutzten Abgase der Industrieöfen und diejenigen der Dampfkesselanlage durch einen kurzen Stutzen aus dem Schornstein an und führt sie oberhalb einer Drehklappe durch den Schornstein ins Freie. Um zu verhüten, daß die Abgase der Industrieöfen und der Dampfkesselanlage beim Eintritt in den Schornstein sich nicht stoßen können, sondern sich in gleicher Richtung vereinigen, ist im unteren Teile des Schornsteins eine Zunge eingemauert, durch welche die beiden Gasströme abgelenkt werden. Der Lufteintritt zum Abgas-Taschenlufterhitzer erfolgt durch eine Oeffnung in der dem Schornstein naheliegenden Wand der Heizungszentrale und kann durch einen Schieber reguliert werden. Die Luftentnahme für den Dampflufterhitzer erfolgt durch einen über dem Dach der Heizungsanlage angeordneten Dachaufsatz. Der Heizungsventilator d kann, je nach den Betriebsverhältnissen, durch den Abgas-Taschenlufterhitzer bzw. durch den Dampflufterhitzer oder durch Klappenstellung regulierbar, durch beide Lufterhitzer Frischluft ansaugen, und drückt dieselbe nach ihrer Erwärmung auf + 50° bis + 60° C in den unterirdisch verlegten Warmlufthauptkanal. Die Anordnung des Abgas – Taschenlufterhitzers wurde oberhalb der Abgaskanäle angeordnet, sodaß bei Außerbetriebsetzung der Heizung der Abgas-Taschenlufterhitzer durch Umstellung von zwei Drehklappen aus dem Abgasweg ganz ausgeschaltet werden kann. Der Antrieb des Heizungs-Niederdruckventilators (d) erfolgt durch eine Hochdruck-Dampfturbine, deren Abdampf zur Erwärmung der Heizfläche des Dampflufterhitzers Verwendung findet. Von der Heizungszentrale wird die Warmluftleitung in einen unterirdischen Warmluftkanal bis nach dem zu beheizenden Hallenbau geführt. An diese Rohrleitung schließen sich die Steigerohr- und Warmluft-Verteilungsrohrleitungen an, ähnlich wie bei Anlage Abb. 5 beschrieben. Gegenüber der gewöhnlichen Dampfheizung mit Rippenrohren zeichnet sich die Arbeitsweise der Luftheizung mittels Abgasausnutzung und der Dampfluftheizung durch kurze Anheizdauer, gleichmäßige Erwärmung der Raumluftschichten ohne Ueberwärmung der oberen Lufträume und große Regulierfähigkeit aus. Hieraus ergibt sich eine äußerst wirtschaftliche Arbeitsweise in bezug auf Brennstoffaufwand und einfachere Bedienung. In hygienischer Hinsicht gestattet die Luftheizung mit Abgasausnutzung und die Dampfluftheizung die Möglichkeiten einer Lufterneuerung in den Arbeitsräumen und Vermeidung der Verstaubung und Verschmutzung der Heizflächen; es sind somit Raumheizung mit Raumlüftung vereint.