Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 305, Jahrgang 1897, Miszellen, S. 263
Download: XML
[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Doppelte Härtung des Stahls. In Frankreich wird ein Härte verfahren des Stahls ausgebildet, das doppelte Härtung genannt wird. Es beruht auf einer Wiedererhitzung des einmal gehärteten Stahls auf eine weniger hohe Temperatur und abermaligem Ablöschen. Bei der Anfertigung von Werkzeugen hat man schon seit langer Zeit ein ähnliches Verfahren angewendet, nur pflegt man hierbei die zweite Erhitzung – das Anlassen – nicht bis zu jenem Grade, wie bei der Behandlung von Federn, Radreifen u.s.w., auszudehnen; eine Bedeutung für letzteren Zweck konnte das Verfahren überhaupt erst gewinnen, nachdem man die Flusstahlerzeugung in der Birne und im Martin-Ofen erfunden hatte. Aus einem von A. Godeaux neuerdings veröffentlichten Bericht über diesen Gegenstand möge das Wichtigste hier mitgetheilt werden. Die ersten Versuche über den Einfluss der doppelten Härtung auf das mechanische Verhalten des Stahls wurden durch Walrand und Cottin in Creusot angestellt; die Veranlassung dazu bot das eigenthümliche Aussehen der Bruchfläche eines doppelt gehärteten Federblattes. Man versuchte, die gleiche Erscheinung auch bei anderen Proben hervorzurufen, und ge langte auf diese Weise dahin, die Eigenschaften des Stahls durch das in Rede stehende Verfahren in weitgehender Weise regeln zu können: man steigerte die Härte, Elasticität und Festigkeit und verringerte die Sprödigkeit bei der Einwirkung von Erschütterungen. Später veröffentlichte Auscher Versuchsergebnisse über den Einfluss der doppelten Härtung, welche die von Walrand und Cottin gemachten Beobachtungen vollauf bestätigten; ausser dem wurden von dem Verfasser der hier in Rede stehenden Abhandlung auf dem Steinkohlenwerke zu Bascout zahlreiche Anwendungen des Verfahrens mit gleich günstigem Erfolge gemacht, und auf dem Stahlwerke zu Indret wird die doppelte Härtung auf alle gegossenen und geschmiedeten Stahlerzeugnisse angewendet, welche überhaupt fähig sind, die Behandlungsweise zu ertragen: Achsen, Kurbelstangen, Kolbenstangen u.s.w. Da die Sprödigkeit des Stahls durch die doppelte Härtung verringert wird, erlangt man die Möglichkeit, ihn auch für mancherlei Zwecke zu verwenden, für welche er früher eben wegen seiner grösseren Sprödigkeit als untauglich erschien. Die Beschaffenheit des Stahls, welcher der doppelten Härtung unterzogen werden soll, muss selbstverständlich von der ins Auge gefassten Verwendung abhängig sein. Gewöhnlicher, in der Schmiede benutzter weicher Stuhl (Flusseisen) wird deutlich durch die doppelte Härtung verbessert, aber den günstigsten Erfolg erzielt man mit mittelhartem Stahl, wie die Versuche in Bascout ergeben haben. In Indret verwendet man für Maschinentheile weichen Stahl; man würde mit noch besserem Erfolge halbharten Stahl für denselben Zweck benutzen können, wenn er nicht kostspieliger wäre. Daher beschränkt man seine Anwendung auf die Anfertigung solcher Theile, welche der Abnutzung durch Reibung unterworfen sind: Gleitbacken, Kolbenstangen u.s.w. Für Laufräder der Grubenwagen erwies sich in Bascout ein Stahl mit 0,40 Proc. Kohlenstoff als am geeignetsten. Da beim Glühen und Härten nicht immer eine Formveränderung ganz vermeidlich ist, empfiehlt es sich, solche Theile, welche einer mechanischen Bearbeitung unterzogen werden sollen, vor dem Härten zwar aus dem Gröbsten zu bearbeiten, aber erst nach der Härtung zu vollenden. Sollen öfters grosse Stücke der doppelten Härtung unterworfen werden, so ist es rathsam, einen besonderen Glühofen von entsprechenden Abmessungen für diesen Zweck zu bauen. In Indret hat man Einrichtungen, um Stücke bis zu 6 m Länge zu härten. Die Erhitzung muss möglichst gleichmässig geschehen. Die erste Härtung geschieht in Hellrothglut (au rouge jaune), die zweite in ganz dunkler Rothglut (au rouge sombre). Je härter der Stahl ist, desto niedriger muss die angewendete Temperatur sein. Um nach der Farbe des Arbeitsstückes die Temperatur richtig zu schätzen, thut man wohl, es im Dunkeln zu betrachten. Zum Härten eignet sich am besten Wasser von gewöhnlicher Temperatur (Auscher bezeichnet 70° als die geeignetste Temperatur); ist es zu warm geworden, so muss es abgekühlt werden. Das Eintauchen muss rasch geschehen; flache Stücke taucht man senkrecht ein. Im Wasser bewegt man die Stücke hin und her, um die Abkühlung zu beschleunigen; ist das Stück sehr schwer, so dass es sich schwierig bewegen lässt, so kann man das Wasser mit Hilfe eines Besens oder in anderer Weise in Bewegung setzen. Zweckmässig ist es, die Stücke einige Stunden im Wasser verweilen zu lassen; man verringert dadurch die Gefahr der Entstehung von Rissen. Ueber einige von Auscher bei Festigkeitsversuchen erlangten Ergebnisse geben nachstehende Ziffern Auskunft. Die Versuche wurden mit Stäben von 150 qmm Querschnitt und 100 mm Markenabstand angestellt. Elastici-tätsgrenze Zugfestig-keit F Verhältniss\frac{E}{F} Ver-längerungmm k auf 1 qmm Stäbe aus halbhartem Stahl. Ungehärtet 23,00 52,00 0,44 25 Gehärtet 50,00 68,00 0,73 15 Stäbe aus weichem Stahl. Ungehärtet 15,00 36,00 0,40 32 Gehärtet 30,00 46,00 0,64 21 Formguss aus dem Martin-Ofen. Ungehärtet 32,30 58,00 0,55 16 Gehärtet 46,00 70,00 0,66 10 Formguss aus der Robert-Birne. Ungehärtet 20,00 43,00 0,46 26 Gehärtet 44,00 66,00 0,69 15 Eine eigentliche Verbesserung des Materials lassen nun freilich diese Ziffern nicht erkennen. Wie beim Härten überhaupt, ist die Elasticitätsgrenze und die Festigkeit gesteigert, und zwar erstere in stärkerem Maasse als letztere: das Metall ist spröder geworden, wenigstens nach der gewöhnlichen Auslegung dieses Ausdrucks. Dennoch bestätigt Godeaux, dass bei den Versuchen in Bascout die Biegungsfähigkeit des Stahls und seine Widerstandsfähigkeit gegen Stösse durch die doppelte Härtung wesentlich gesteigert worden sei. Ringe aus halbweichem 18 mm starkem Rundstahl aus der Bessemerbirne liessen sich vor dem Härten nicht wieder gerade richten, nach doppeltem Härten dagegen mehrmals nach beiden Richtungen biegen; Theile von Förderschalen, welche beim Auffahren der Wagen und beim Aufsetzen der Schale Stössen unterworfen sind und deshalb rasch abgenutzt zu werden pflegten, wurden widerstandsfähiger, als man sie der doppelten Härtung unterzog. Hierbei scheint indess mehr die Widerstandsfähigkeit gegen Formveränderungen, z.B. gegen Verbiegung, gemeint zu sein, als gegen Bruch. Im Uebrigen machte auch Le Chatelier die Beobachtung, dass die Schlagsprödigkeit durch die doppelte Härtung verringert werde. (Nach Stahl und Eisen.) Sauerstoffgas als Heilmittel gegen die Vergiftung durch Kohlenoxydgas. Siegfried Stein in Bonn hat nach Stahl und Eisen auf einer Reise in Belgien durch mangelhaft eingerichtete Zimmeröfen an einer Kohlenoxydgasvergiftung zu leiden gehabt und macht besonders darauf aufmerksam, dass man auf Risse und Sprünge in den Zimmeröfen aufmerksam sein müsse, besonders wenn die längst verrufene, aber noch nicht überall verbotene Ofenklappe geschlossen sei. Der Verfasser erwähnt die Litteratur, in welcher gegen die Ofenklappe aufgetreten wird, sowie, dass nach der Broschüre eines Arztes in Linnich Wiederbelebungsversuche mit Sauerstoff schon im J. 1814 angestellt wurden. Später wurde durch die Spectralanalyse die Anwesenheit von Kohlenoxydgas im Blute und die Umwandlung des Hämoglobins im Blute zu dem charakteristisch hellroth gefärbten Kohlenoxydhämoglobin nachgewiesen. G. Hüfner in Tübingen berichtet im Journal für praktische Chemie, dass die Affinität von Kohlenoxyd zum Hämoglobin 200mal stärker ist, als diejenige des Sauerstoffes. Man hat beobachtet, dass das Athmen in einer Luft, deren Kohlenoxydgehalt nicht weniger als 0,08 Vol.-Proc. beträgt, schon unbehaglich und nicht mehr ohne Bedenken ist. Bei 17,33 Vol.-Proc. der Luft an Kohlenoxyd ist nahezu sämmtliches Hämoglobin, nämlich 99,4 Proc. desselben, von dem gefährlichen Gase mit Beschlag belegt. In einer solchen Atmosphäre tritt bereits der Tod ein. Stein weist ferner darauf hin, dass die Gefahr der Kohlenoxydgasvergiftung in hohem Grade durch die neuerdings so viel benutzten, mit sogen. Anthracitnusskohlen geheizten Regulirfüllöfen herbeigeführt wird, wenn diese an sich trefflichen Oefen falsch behandelt werden. Dieselben sind in ihrer Einrichtung den Gasgeneratoren mit Fülltrichtern aus dem Grossbetriebe ähnlich. Ihre Deckel liegen meist nur lose auf, sie haben keinen Gasverschluss mit Wasserring. Rund um den Ofenkörper befinden sich in demselben so viele Spalten, als Glimmerblättchen in den ebenfalls nur lose anliegenden vielen Thüren eingesetzt sind. Aus allen diesen Fugen entweicht ohne Zweifel Kohlenoxyd aus dem brennenden Ofen in die Wohnräume, wenn die Regulirklappe dieser Oefen umgelegt ist, d.h. wenn der kürzere Weg zum Schornstein geschlossen, der Zug im Ofen gehemmt ist. Aber wie oft hört man auch von den Bewohnern derart geheizter Zimmer dieselbe Klage: „Ich leide diesen Winter fast stets an Kopfschmerzen, die ich früher nicht kannte.“ Warum lassen diese Menschen in solchen Fällen nicht durch ihren Hausarzt ihr Blut chemisch und spektroskopisch auf Kohlenoxydhämoglobin untersuchen? Es genügt dazu nur eine geringe Kleinigkeit ihres Blutes. Verfasser schreibt diese Zeilen absichtlich nieder, um die Eisenschmelzer, welche derartige Oefen im Guss herstellen, auf diese Gefahr aufmerksam zu machen. Gift ist Gift, und die Lieferung solcher Oefen mit einer Regulirklappe sollte unter allen Umständen unterbleiben. Daher fort mit derselben. An Stelle der jetzt üblichen Thüren wären auf geschliffene Schraubenverschlüsse von aussen anzubringen, ausserdem ist Beseitigung der Glimmerplatten und dichter Verschluss geboten, wie dies jetzt bereits häufig geschieht. Eingehendere Berichte über Sauerstoffinhalationsversuche finden sich in der Münchener Medic. Wochenschrift, Nr. 31 vom Jahre 1895, von Dr. L. Prochownick, und im Medic. Correspondenzblatt des Württemb. ärztlichen Landesvereins, 1896, aus dem Karl-Olga-Krankenhause in Stuttgart, von Dr. L. Grosse. In umfassender Weise behandelt Dr. med. Rudolf Schwartan aus Altenwerder den Gegenstand in seiner Inauguraldissertation: „Die Therapie der Kohlenoxyd Vergiftung mittels Sauerstoffinhalation“. Er sagt am Schlusse seiner Abhandlung: „Als Resultat der Versuche ergibt sich, dass die Einathmung von reinem Sauerstoff in der That ein sehr wirksames Antidot gegen das Kohlenoxyd bildet. Nebenbei will ich nur noch erwähnen, dass ich auch Versuche in der Weise angestellt habe, wie sie sich in der ärztlichen Praxis gestalten würden. Auch hier zeigte sich der günstige Effect der Sauerstoffinhalation.“ (Berg- und Hütten-Ztg.) Bücher-Anzeigen. Vergleichende Versuche über die Feuersicherheit gusseiserner Speicherstützen. Commissionsbericht, erstattet im Auftrage des Hamburger Senates. Hamburg. Verlag von Otto Meissner. 87 Quartseiten Text. Preis 10 M. Im Anschluss an die Versuche, welche in den Jahren 1892 und 1893 seitens einer vom Hamburger Senate eingesetzten Commission Hamburger Staatstechniker unter dem Vorsitz des Oberingenieurs F. Andreas Meyer über das Verhalten schmiedeeiserner und hölzerner Stützen im Feuer veranstaltet wurden, hat die gleiche Commission im J. 1895 Versuche über das Verhalten gusseiserner Stützen im Feuer ausgeführt und über die Ergebnisse den vorliegenden Bericht erstattet. Die Versuchsausführungen befanden sich in sinngemässer Uebereinstimmung mit der früher innegehaltenen und sind für die Praxis, speciell für Constructeure von Speichern, Versicherungsgesellschaften, Baubehörden, Feuerwehren u.s.w. von grosser Bedeutung. Das Werk ist mit einer grossen Anzahl Clichés, graphischen Darstellungen der Versuchsvorgänge und 10 Lichtdrucktafeln ausgestattet. In der Einleitung wird der Gang der Versuchsarbeiten mitgetheilt und es erstreckt sich die Untersuchung auf folgende Punkte: 1) Versuch mit unummantelten, 2) mit ummantelten dickwandigen Stützen, 3) Versuche mit dünnwandigen Stützen. Dem Senate gebührt für die Opferwilligkeit, mit der er für die Lösung dieser Frage 30000 M. gespendet hat, der Dank aller bautechnischen Kreise. Formeln und Tabellen für den praktischen Elektrotechniker. Hilfs- und Notizbuch von Prof. Wilhelm Biscan. Mit Holzschnitten und 4 Tafeln. 3. Auflage. Leipzig. Verlag von Oskar Leiner. 140 S. Geb. 2 M. Inhalt: S. 1 bis 78 Notizen aus der Technik, vorwiegend solche, die für die Elektrotechnik von Belang sind, in alphabetischer Anordnung. Dann folgt S. 79 bis 93 Mathematik und Geometrisches, S. 95 Sicherheitsvorschriften, S. 105 u. f. Trigonometrische Zahlen, Logarithmen sowie Zahlentabellen. Papier zu Notizen ist unzweckmässiger Weise fest eingebunden. The calculus for Engineers by John Perry. Edward Arnold, London, 37 Bedford Street, New York, 70 Fifth avenue. Williams and Norgate, Henrietta St. London. 387 S. 7,50 M. Geb.