Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 544
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Bücherschau. Bücherschau. Eisenbauten. Ihre Geschichte und Aesthetik. Von Dr. Alfred Gotthold Meyer, Professor a. d. Königl. Technischen Hochschule in Charlottenburg. Nach des Verfassers Tode zu Ende geführt von Wilhelm Freiherr von Tettau. Eßlingen a. N. 1907. Paul Neff. Der leider zu früh gestorbene Verfasser hatte die Absicht, ein groß angelegtes Werk über die Stellung des neunzehnten Jahrhunderts in der Stilgeschichte zu schreiben. Der erste Teil des im übrigen unvollendeten Werkes ist als selbständiges Buch unter dem Titel: Eisenbauten erschienen, nachdem das Material des Verfassers von Frl. Frieda Kühnemann druckfertig vorbereitet war. Freiherr von Tettau, der den vierten Teil über Kunstformen des Eisenbaues hinzufügte, hat das' Werk zu Ende geführt. Das Buch zerfällt in vier Teile. Der erste Teil beschäftigt sich in beschreibender Weise mit den Grundlagen des Eisenbaues, mit den Eigenschaften dieses Baustoffes, mit dem Rechnen und Bauen seiner Konstruktionen. Der zweite Teil erläutert die Aufgaben des Eisenbaues in der Schaffung neuer Raumwerte, neuer Weiten, neuer Höhen und neuer Linien. Als Beispiele für die Umwertung dieser Begriffe werden u.a. der Kristallpalast in London, die Maschinenhalle der Pariser Weltausstellung von 1889, der Eiffelturm und die modernen, weitgespannten Brücken angeführt. Im dritten Teile werden die Anfänge einer Eisenarchitektur an typischen Beispielen aus der Baugeschichte Deutschlands, Frankreichs und Englands erläutert. Besonders eingehend werden die neuen Aufgaben des Eisenbaues in der Schaffung weitgespannter und heller Eisenglashallen und Kuppeln besprochen und u.a. an der Halle des Frankfurter Zentralbahnhofes, an den Kuppelkonstruktionen von Schwedler, Zimmermann und Müller-Breslau und an den Hallenkomplexen der Weltausstellungen der letzten Jahrzehnte erläutert. Den Schluß dieses Teiles bilden die Abschnitte über die Verbindung des Eisens mit anderen Baustoffen, Stein, Zement (Monierbau), Glas und Terrakotta. Das Verhältnis des Eisenbaues zum Steinbau ist eingehend an der Ausbildung der Architektur der Bahnhofsgebäude in Verbindung mit den großen Bahnsteighallen und an der künstlerischen Durchbildung der Brückenköpfe und Pfeiler in Verbindung mit den eisernen Ueberbauten erläutert. Hier verlangt Meyer, daß sich die Architektur der Steinkonstruktion in selbständiger Weise der Form der Hallenbauten anpassen muß, wie es z.B. bei dem Bau des Anhalter Bahnhofes in Berlin von Schwechten in glänzender Weise geschehen ist. In gleicher Weise ist bei der Ausbildung der Brückenpfeiler und Köpfe ihr statischer Zweck in einfacher, künstlerischer Weise zum Ausdruck zu bringen und ein architektonischer Aufbau, der mit dem Zweck des Bauwerkes gar nichts zu tun hat und womöglich den Verkehr stört, zu vermeiden. Der vierte Teil von Tettau behandelt die Aesthetik des Gußeisens und des Walzeisens. Tettau fordert, daß dem neuen Baustoff auch neue, entsprechende Formen gegeben werden müssen. Besonders bemerkenswert sind seine Ausführungen über die Ausgestaltung der Pendelsäulen, deren Form nicht durch Verkleidung mit antiken Säulenfüßen und Kapitalen in unwahrer Weise verdeckt werden darf. Die Berliner Stadtbahn und Hochbahn liefern gute Beispiele für neue, zweckentsprechende Formen. In gleicher Weise sollen die Walzeisenbauten durch ihre ganze Anordnung selber wirken. Die Konstruktionselemente wie Profile, Knotenbleche, Nietköpfe und Bolzen genügen zur Gewinnung neuer, dem Material angepaßter Motive; vor allem ist es aber die Linienführung der tragenden und stützenden Konstruktionsglieder, die an sich künstlerisch befriedigend wirken sollen. Auch die Aesthetik des Walzeisens ist durch zahlreiche Beispiele in Wort und Bild, namentlich von der Berliner Hochbahn erläutert. Das Gesamtergebnis der Betrachtungen wird in sechs Sätzen zusammengefaßt, von denen die folgenden hervorgehoben werden sollen, um die Auffassung des ganzen Werkes zu kennzeichnen: „Bei der Eigenart seiner neuartigen Konstruktionen können Formen früherer Stilperioden dem Eisen nicht mehr genügen, zumal dieselben ihre Entstehung anderen Baustoffen mit abweichenden struktiven Eigenschaften verdanken. Das Eisen braucht Formen, welche aus seinen eigenen Walzprofilen geschaffen und gleichfalls maschinell behandelt worden sind. Neuzeitliche Formen werden, je weniger sie bestimmte historische Begriffe aufkommen lassen, um so ungestörter diese Ziele anstreben können. Die neuen Eisenaufgaben haben ein Anrecht auf die Kunst mehr fast als alle übrigen Bauwerke, da ihre ungeheuren Dimensionen zu den monumentalsten Werken der Gegenwart gehören, sich als Verkehrszentren gerade am eindruckvollsten geltend machen und unbestreitbar einen Stimmungsgehalt besitzen, der mit den Bildern des modernen Lebens untrennbar verbunden ist.“ Als Empfehlung des mit Begeisterung für den Stoff geschriebenen und glänzend ausgestatteten Werkes mögen die Geleitworte Lessings hinzugefügt werden: „Das Buch mit dem jetzigen Einzeltitel „Eisenbauten“ mag immerhin nur ein Teil eines geplanten größeren Ganzen sein, aber ein Bruchstück ist es nicht, sondern ein abgeschlossenes Werk von größtem Werte, das für sich selbst zu sprechen berufen ist.“ Dr.-Ing. P. Weiske. Bei der Redaktion eingegangene Bücher. Abhandlung zur Geschichte der mathematischen Wissenschaften mit Einschluß ihrer Anwendung. Begründet von Moritz Cantor. 23. Heft. Das 200 jährige Jubiläum der Dampfmaschine (1706 bis 1906). Eine historisch-technisch-wirtschaftliche Betrachtung von Kurt Hering, Ingenieur. Mit 13 Abb. Leipzig, 1907. B. G. Teubner. Preis geh. M. 1,60. Der praktische Installateur elektrischer Haustelegraphen und Telephone. Eine Anleitung zur Einrichtung und Reparatur elektrischer Haustelegraphen- und Haustelephonanlagen jeder Art, nebst Beschreibung der für die Anlagen in Anwendung kommenden Apparate, Batterien, Materialien, Schaltungen usw. Von Friedrich Esche. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 231 Abb. und 7 Tafeln. Leipzig 1907. Hochmeister & Thal. Preis geh. M. 3, –, geb. M. 3,60. Einführung in die Differential- und Integralrechnung nebst Differentialgleichungen. Von Dr. F. Kohlrausch, Dozent der Ausbildungskurse am Kaiserlichen Telegraphenversuchsamt Berlin. Mit 100 Abb. und 200 Aufgaben. Berlin 1907. Julius Springer. Preis geh. M. 6,–, geb. M. 6,80. Die Festigkeitseigenschaften der Metalle in Wärme und Kälte. Von R. Baumann, Ingenieur, Privatdozent an der technischen Hochschule in Stuttgart. Mit 46 Abb. Stuttgart 1907. Alfred Kröner. Preis geh. M. 3,–. Die Weltwirtschaft. Ein Jahr- und Lesebuch. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachleute herausgegeben von Dr. Ernst von Halle, Professor an der Universität Berlin, Wirklicher Admiralitätsrat. II. Jahrgang 1907. I. Teil: Internationale Uebersichten. Bearbeitet von K Riezler, Ed. Roghe, W. Zimmermann, C. Ballod, B. Voelker, E. Biedermann, A. Feiler, B. Schacht, A. H. Hirschberg, A. v. d. Leyen, E. von Halle, O. Große, A. Manes, 0. Schwarz, H. Mehner, H. Muthesius, E. Münsterberg, C. Ritter. Leipzig und Berlin 1907. B. G. Teubner. Preis geh. M.,6–. Kurzes Lehrbuch der Elektrotechnik. Von Dr. Adolf Thomälen, Elektroingenieur. Dritte, verbesserte Auflage. Mit 338 Abb. Berlin 1907. Julius Springer Preis geb. M. 12,–. Der Bau einer modernen Lokomotive. Zweite erweiterte Ausgabe. Mit 42 Abb. Von Ingenieur Dr. Robert Grimshaw. Hannover 1907. Selbstverlag des Verfassers.